- In der zweiten SRG-Umfrage spricht sich eine Mehrheit von 53 Prozent gegen das Gesetz über Stempelabgaben aus, 39 Prozent sind dafür.
- Damit hat die politische Linke gute Chancen, erneut eine bürgerliche Steuervorlage an der Urne zu kippen.
- Am 13. Februar ist eine Ablehnung der Vorlage an der Urne derzeit klar wahrscheinlicher als eine Annahme.
Für die bürgerlichen Parteien war es ein unschönes Erwachen im Politjahr 2022. Mit einem Vorsprung von sieben Prozentpunkten in der SRG-Umfrage kam das linke Referendum gegen die Abschaffung der Stempelsteuer aus den Startlöchern. Mund abwischen, weitermachen, sagte sich wohl manch Befürworter oder Befürworterin.
Ihre Hoffnung: Nach den politfreien Festtagen dürfte sich das Stimmvolk doch noch für die Vorlage erwärmen lassen, die es komfortabel durchs Parlament geschafft hatte. Doch weit gefehlt: Das Nein-Lager hat seinen Startvorteil sogar noch gefestigt.
Bundesrat und Parlament konnten also im Verlauf des Abstimmungskampfes nicht zulegen, wie es sonst bei Behördenvorlagen üblich ist. «Die Befürworter sind aus der Defensive gestartet und die Gegnerschaft hatte offensichtlich mehr Schub über den Kampagnenverlauf», sagt Martina Mousson vom Institut gfs.bern, das die Umfrage im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hat.
Es liegt also eine weitere Überraschung an einem Abstimmungssonntag in der Luft: Nachdem 2017 die Unternehmenssteuerreform III (USR III) von der Linken gebodigt wurde, könnte es nun die nächste bürgerliche Steuervorlage treffen.
Eine Frage der Gerechtigkeit
Insbesondere zieht bei den Befragten das Argument, dass Grosskonzerne und Finanzunternehmen keine Steuererleichterungen nötig hätten. «Wie bei der USR III trägt das Gefühl von Ungerechtigkeit das Nein», bilanziert die Politologin. «Es herrscht das Gefühl vor, dass die Falschen entlastet werden.» Ebenfalls knappe zwei Drittel finden, dass es ungerecht sei, wenn Kapitaltransaktionen nicht mehr besteuert würden, während die Bevölkerung bei jedem Einkauf Mehrwertsteuer bezahlen müsse.
Die Ja-Seite konnte bislang nicht überzeugend darlegen, warum die Abschaffung der Stempelsteuer die Wirtschaft befruchten würde. Auch holt das Argument, dass Unternehmen gerade in schwierigen Zeiten auf Eigenkapital und Steuerentlastungen angewiesen seien, keine hohen Zustimmungswerte. Die Argumente der linken Gegnerschaft erweisen sich also als deutlich zugkräftiger.
Mousson: «Derzeit keine Hinweise für Annahme»
Mit Blick auf die Parteienlandschaft zeigt sich erwartungsgemäss eine starke Links-rechts-Polarisierung. Bei GLP und Mitte hat sich allerdings eine Pattsituation eingestellt. Bemerkenswert hier: Nach anfänglicher Zustimmung zum Gesetz tendiert die Basis der Mitte nun ins Nein – entgegen der Parole der Mutterpartei. Die GLP-Basis hat sich dagegen der Parteiparole angeglichen.
Überzeugungsarbeit müssen die Befürworter also noch in der politischen Mitte leisten – und das nicht zu knapp: Stand heute spricht für Mousson deutlich mehr für ein Nein als für ein Ja. «Die Ablehnung hat sich über den Kampagnenverlauf aufgebaut. Derzeit gibt es keine Hinweise für eine Annahme am 13. Februar.»