Von Aarau nach Zürich braucht man mit dem Zug nur gerade 25 Minuten, von Rheinfelden nach Basel eine Viertelstunde. Der Aargau liegt verkehrsgünstig zwischen den grossen Zentren und bietet viel Wohnraum. Allein die Stadt Lenzburg zum Beispiel ist deshalb in den letzten fünf Jahren um rund 2000 Einwohnerinnen und Einwohner gewachsen. Es kommen eher jüngere Menschen und Familien, man könnte deshalb salopp formulieren: Der Aargau wird urbaner.
Diese Entwicklung hat auch einen Einfluss auf die politischen Kräfteverhältnisse. Der bürgerlich dominierte Kanton ist in den letzten Jahren etwas nach links gerückt, auch grüner geworden. Und vieles deutet darauf hin, dass diese Entwicklung bei den Gemeindewahlen am 26. September weitergeht.
Ein Graben zwischen Stadt und Land?
Vor allem in den zehn städtischen Parlamenten gewann die politische Linke vor vier Jahren an Einfluss, die SP wurde damals zur stärksten Kraft. Diese Entwicklung – so erwarten politische Beobachterinnen und Beobachter – dürfte in den Zentrumsgemeinden anhalten.
Ob SP, Grüne oder lokale linke Gruppierungen gewinnen, bleibt offen. Die politische Linke insgesamt darf in Städten wie Lenzburg aber sicher erneut auf Zuwachs hoffen oder muss zumindest keine Verluste befürchten.
Der kantonale SVP-Präsident Andreas Glarner hat denn auch zur «Rückeroberung der Ordnung in den Städten» aufgerufen, will den Einfluss der grössten Aargauer Partei in den Zentren wieder erhöhen. Daniel Glanzmann, SVP-Fraktionschef in Baden, klingt hingegen weit weniger euphorisch: «Wir haben Mühe, die SVP hier überhaupt am Leben zu erhalten.» Es fehle an Leuten und Geld für den Wahlkampf um städtische Parlamentssitze.
Die grösste Partei ist gar keine
Auch bei den Regierungen in Städten und Gemeinden mussten die bürgerlichen Parteien FDP und SVP vor vier Jahren Verluste hinnehmen. Trotzdem: Wenn man die parteipolitische Zusammensetzung von Gemeinde- und Stadträten über den ganzen Kanton hinweg betrachtet, dann zeigt sich die bürgerliche Tradition immer noch klar.
SVP und FDP stellen im viertgrössten Kanton der Schweiz mit Abstand am meisten Sitze, gefolgt von der Mitte. Die SP liegt ziemlich abgeschlagen auf Platz 4. Vor allem in ländlichen Gemeinden dominieren die bürgerlichen Parteien die Dorf-Regierungen, aber auch grosse Agglomerationsgemeinden wie Buchs oder Spreitenbach werden von mehrheitlich bürgerlichen Räten regiert.
Gerade in städtischen Zentren könnten linke Parteien aber auch in den Regierungen weiter an Einfluss gewinnen. In Baden kämpfen SP und FDP um den siebten Sitz im Stadtrat – es ist eine Richtungswahl, in der die SP-Kandidatin wohl die besseren Karten hat. Auch in Lenzburg stehen Kampfwahlen an, auch hier ist neu eine linke Mehrheit in der Stadtregierung möglich. Und in Zofingen könnten Grüne oder Grünliberale das Stadtpräsidium übernehmen – was in der ehemaligen FDP-Hochburg schon beinahe historische Bedeutung hat.
In eher ländlichen Gemeinden dürften die mehrheitlich bürgerlich besetzten Gemeinderatssitze hingegen unbestritten sein. Zudem gilt, was oft gilt bei kommunalen Wahlen: Es geht vor allem um Köpfe, weniger um Parteibücher. Die Parteien verloren in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung. Das Heer der Parteilosen wird deshalb auch bei den Wahlen am 26. September wohl eher wachsen als schrumpfen.