Mit Tiktok erstellen Teenager einfach und schnell kurze Videos und präsentieren sie einem Millionenpublikum. Die App hat rund eine Milliarde Benutzer. Damit spielt Tiktok immer mehr in der Liga der etablierten sozialen Medien.
Zensurvorwürfe mehren sich
Mit dem explosionsartigen Erfolg sieht sich Tiktok immer mehr Kritik ausgesetzt. Zum Beispiel am intransparenten Datenschutz: TikTok gibt an, Daten an Geschäftspartner, Service-Provider und innerhalb des Konzerns weiterzugeben. Was das genau bedeutet, bleibt offen.
Ein anderer Vorwurf: Zensur. Tiktok soll gezielt die Reichweite bestimmter Inhalte oder Nutzern einschränken. Zum Beispiel, wenn es um die Proteste in Hongkong geht oder bei Menschen mit Behinderungen.
Das Unternehmen bestreitet die Vorwürfe. China-Experten weisen aber darauf hin, dass keine chinesische Firma erfolgreich sein könne, ohne nicht mit der Regierung zusammenzuarbeiten, also politische Inhalte entfernt, wenn diese nicht in deren Interesse sind.
Das führt mitunter zu seltsamen Blüten: In den Fokus geriet auch der Tiktok-Kanal der britischen Kinder-Zeichentrickserie «Peppa Wutz». Das Comic-Schweinemädchen und seine tierischen Freunden wurden als «Symbol für Rebellion» eingestuft.
Verbote in Indien
Eine Art Rebellion gab es Ende Juni in Indien – gegen Tiktok. Die Regierung hat den Dienst und weitere chinesische Apps verboten. Der Grund: Sicherheitsbedenken.
Für Tiktok ist das ein schwerer Schlag, nutzen den Dienst in Indien doch mehr als 100 Millionen Personen. Jetzt droht Tiktok auch Ungemach aus den USA. Die App sei eine Gefahr für die nationale Sicherheit, weil die chinesische Regierung Zugriff auf die Daten habe – und gehöre verboten.
Die Infrastruktur der nächsten 100 Jahre müsse eine Kommunikations-Infrastruktur sein, die auf westlichen Idealen basiere, sagte vor wenigen Tagen Staatssekretär Mike Pompeo. Damit hievte er die Diskussion auf eine politische Ebene und machte Tiktok neben Huawei zu einem weiteren Spielball im Konflikt zwischen den USA und China.
Kampf um digitale Vorherrschaft
Bei der aktuellen Diskussion geht es um die Vorherrschaft im Bereich der künstlichen Intelligenz, wo China die Nummer eins werden möchte.
Mit Tiktok sind die Chinesen auf dem besten Weg, denn mit seinen Aber-Milliarden von Videos hat das Mutterhaus Bytedance ein mächtiges Werkzeug in der Hand, um beispielsweise die automatisierte Bilderkennung zu perfektionieren.
Dann gibt es noch eine andere Befürchtung: Die chinesische Regierung könnte via Tiktok politische Entscheide beeinflussen, in dem der ausgeklügelte Algorithmus den Benutzerinnen beliebige Videos zeigt, ohne dass sie wissen, wieso. So könnte die App gezielt einen bestimmten Kandidaten oder ein bestimmtes Thema in einer bestimmten Region fördern, ohne dass dies den Empfängern bewusst sei.
Die Angst vor einer solchen «heimlichen» Einflussnahme Chinas im Westen ist nicht unbegründet, mit einem Verbot der App lässt sich das Problem aber wohl kaum lösen.