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Autounfall im Ausland Das ewig lange Trödeln der Versicherungen

Seit Monaten wartet ein Autolenker nach einem unverschuldeten Unfall auf eine Reaktion der ausländischen Versicherung.

Es wäre eigentlich keine grosse Sache: Auf einem Parkplatz in Frankreich, in der Nähe von Lyon, touchiert eine Einheimische anfangs November 2021 einen Citroën mit Schweizer Nummer am Kotflügel. Beide Seiten – der Schweizer Lenker und die Französin – füllen vor Ort das europäische Unfallprotokoll aus. Für beide Seiten ist klar, dass die französische Autohaftpflichtversicherung der Unfallverursacherin den Schaden bezahlen soll.

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Schweizer Versicherung als Vertreterin

Bei der französischen Versicherung handelt es sich um die Mapa. Diese hat – wie in Europa vorgeschrieben – auch in der Schweiz eine sogenannte Korrespondenz-Versicherung: Dekra. Betroffene haben Dank dieses Systems in ihrer Heimat eine Anlaufstelle.

Der Schweizer Lenker meldete den Fall also bei der Dekra an. Diese habe ihm per Mail mitgeteilt, man werde «unaufgefordert» wieder mit ihm Kontakt aufnehmen. «Seither sind gut sieben Monate vergangen. Aber unaufgefordert ist bislang noch gar nichts passiert», erzählt der Lenker im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Im Gegenteil, er habe mehrfach nachhaken müssen. Ab und zu habe ihm die Dekra geantwortet: Man sei dran, warte noch auf eine Haftungsbestätigung aus Frankreich, hiess es. Dann habe wieder wochenlang Funkstille geherrscht.

Der Kunde fährt seit dem Vorfall mit eingedrücktem Kotflügel herum. Von der Sicherheit her kein Problem, aber halt unschön, sagt er. Und die ewig lange Warterei auf eine Reaktion der Versicherung, die den Schaden begleichen müsste, empfindet er als äusserst mühsam.

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Mobiliar-Tochter hat übernommen

«Espresso» hakt bei der Dekra-Versicherung nach – und erhält Antwort von der «XpertCenter AG», eine Tochter der Mobiliar-Versicherung. Diese teilt auf Anfrage mit, Dekra habe ihre Tätigkeit in der Schweiz aufgeben. Man habe per 1. Mai 2022 alle pendenten und neuen Fälle übernommen und setze nun «alles daran, den Schaden schnellstmöglich zu regulieren». Man könne den Schadenfall indes nur «bedingt aktiv vorantreiben», da die Hauptverantwortung bei einer französischen Versicherung liege und französisches Recht zur Anwendung komme.

Der «Espresso»-Hörer hat seinen Wagen bei der Allianz Suisse versichert, Teilkasko. Mit einer solchen Deckung stehe man den betroffenen Kundinnen und Kunden beratend zur Seite. Schadenersatz bezahle man in solchen Fällen aber nur, wenn eine Vollkasko-Versicherung abgeschlossen worden sei, schreibt die Allianz. «In der Folge führen wir dann Regress auf die haftpflichtige Versicherung durch.»

Wartefristen zwischen sechs Monaten bis zu zwei Jahren sind keine Seltenheit.
Autor: Stefan Thurnherr Versicherungsexperte VZ Vermögenszentrum

Tatsächlich könne man sich mit einer Vollkasko Zeit und Ärger sparen, bestätigt Stefan Thurnherr, Versicherungsexperte beim VZ Vermögenszentrum. Eine solch umfassende Deckung ist natürlich auch entsprechend teurer als eine Teilkasko oder die obligatorische Basisabdeckung durch die Autohaftpflicht-Versicherung.

Als Alternative empfiehlt Thurnherr, eine Rechtsschutz-Versicherung einzuschalten. Ein Brief eines Anwalts bei der Versicherung im Ausland bringe oft Bewegung ins Spiel. Ohne Druck passiere hingegen häufig nichts – seiner Erfahrung nach besonders bei Versicherungen in Frankreich oder Italien: «Wartefristen zwischen sechs Monaten bis zu zwei Jahren sind keine Seltenheit.» Fremde Geschädigte seien dem ausländischen Versicherer im Haftpflichtbereich oft «Wurst». Er warte zu, hoffe, dass sich die Sache von selbst erledige. Und die Schweizer Korrespondenz-Versicherung könne jeweils auch nicht viel ausrichten.

Nachtrag 31.05.22

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Nachdem die Mobiliar-Tochter XpertCenter nach der Anfrage von «Espresso» erneut bei der Mapa nachgehakt hat, hat sich die französische Versicherung endlich bewegt und ihre Haftung und die Deckung des Schadens bestätigt.

Espresso, 31.05.22, 08:13 Uhr

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