Das Trottoir zu tief, der Abstand zum Bus zu gross: Das sind die Probleme, mit denen sich etwa Rollstuhlfahrer konfrontiert sehen, wenn sie Bus fahren wollen. Besonders in ländlichen Gegenden sind Bushaltestellen nicht behindertengerecht gebaut.
Das Behindertengleichstellungsgesetz sieht vor, dass alle Haltestellen des öffentlichen Verkehrs bis 2023 so gebaut werden müssen, dass Rollstuhlfahrer und Sehbehinderte Bus und Zug autonom benutzen können. Von 2800 Bushaltestellen im Kanton Bern sind allerdings erst fünf Prozent behindertengerecht gestaltet.
«Das ist enttäuschend wenig», sagt Caroline Hess-Klein von Inclusion Handicap, dem Dachverband der Behindertenorganisationen gegenüber «Schweiz aktuell». Ausserdem sei das Gesetz schon seit 2004 in Kraft – das Tiefbauamt habe aber erst vor wenigen Monaten ein Konzept erstellt. Man habe bei der Planung also zwölf Jahre geschlafen. Das Tiefbauamt des Kantons Bern wehrt sich: «Vorher kannten wir die Normen für solche Haltestellen nicht», so Kantonsoberingenieur Stefan Studer.
Zu hohe Anforderungen
Trotz Gesetzesvorschrift – das Tiefbauamt wird bis 2023 nicht jede Haltestelle behindertengerecht umbauen. Dies geschieht nur, wenn die Verhältnismässigkeit stimmt. Um diese zu beurteilen, hat das Tiefbauamt eine Art Checkliste mit vier Kernfragen erstellt. Wie gross ist die Nachfrage? Wie wichtig sind die Einrichtungen rund um die Haltestelle? Handelt es sich um einen Umsteigeort? Wie häufig wird die Haltestelle angefahren?
Für die Behindertendachorganisation ist klar: Die Anforderungen an die Bushaltestellen sind viel zu hoch. Mit den Kriterien des Tiefbauamts würden bis 2023 maximal zehn Prozent der 2800 Haltestellen umgebaut.