Beunruhigende Szenen spielen sich in letzter Zeit im deutschen Grenzstädtchen Weil am Rhein ab: Während drei Wochen halten sich auf einem Platz jeden Abend Rechtsradikale auf. Der Platz ist öffentlich, aber dennoch ist der Aufenthalt der Rechtsradikalen problematisch: Sie belagern eine Familie, die an diesem Platz wohnt. Diese haben sie auch schon rassistisch beschimpft und der Frau der Familie gedroht, sie «fertig zu machen».
Der Vater der Familie ist dunkelhäutig, schon früher gab es deswegen manchmal Bemerkungen auf der Strasse. Im September 2013 kamen die Attacken dann aber plötzlich aus der Nachbarschaft: «Wir hatten Hundekot im Briefkasten, das Auto war beschädigt», so die Mutter der Familie.
Auf Anraten der Polizei installierte sie darauf eine Kamera im Auto, dadurch konnte der Nachbar als Täter ermittelt werden. Dieser erhielt daraufhin die Kündigung. Ruhe kehrte aber nicht ein, im Gegenteil, die Situation spitzte sich zu. Der Schwiegersohn des Nachbarn lauerte der Familie im Strassenverkehr auf und es kam zu Handgreiflichkeiten.
Die Mutter musste daraufhin ins Spital. Noch während der Auseinandersetzung drohte der Schwiegersohn damit, dass er Freunde bei der Pegida habe. Und nur einen Tag später versammelte sich knapp ein Dutzend Männer auf dem Platz vor der Wohnung. Mehrmals rückte die Polizei aus und verteilte Platzverweise, daran hielten sich die Männer aber nicht.
Begleitschutz aus dem linken Spektrum
Die Mutter und die beiden Kinder trauen sich wegen der Rechtsradikalen vor ihrer Türe kaum noch aus dem Haus. Seit einigen Wochen bekommen sie deshalb eine Art Begleitschutz - nicht von Sicherheitskräften, sondern von Menschen, die sich mit der bedrohten Familie solidarisieren und sie deshalb begleiten, wenn sie an den Rechtsradikalen vorüber gehen muss.
Unproblematisch ist dieser Begleitschutz aber nicht. Bürgerinnen und Bürger zu schützen ist eigentlich Aufgabe der Polizei. Polizeisprecher Klaus Klotz relativiert aber: «Hierbei handelt es sich nicht um eine Bürgerwehr. Vielmehr zeigen sich die Leute einfach solidarisch mit der Familie.»
Familie ist erschüttert
Die Bedrohung durch die Rechtsradikalen - Mitglieder von Pegida und einer lokalen rechtsradikalen Partei in Weil am Rhein - schränkt die Familie nicht nur in ihrer Bewegungsfreiheit ein, sondern beschäftigt die Familie auch emotional. «Ich bin erschüttert», sagt die Mutter. «Ich hätte nie gedacht, dass uns jemals so etwas passieren kann.»
Vor gut einer Woche hat die Polizei nun Annäherungsverbote gegen acht Personen ausgesprochen. Diese müssen nun einen Abstand von 150 Metern zur Familie einhalten. Seither hat sich die Situation etwas entspannt. Mittlerweile ermittelt auch der Staatsschutz.
Auto eines Angeschuldigten hat gebrannt
Aber auch ein Angeschuldigter selbst ist mittlerweile zu einem Opfer geworden, beziehungsweise dessen Auto - es brannte vor einigen Tagen. Ob diese Tat eine Racheaktion von Linken war, dazu will sich die Polizei nicht äussern. Momentan ermittle man in alle Richtungen.
Hört man sich bei Passantinnen und Passanten in der Gegend um und fragt, wie sie zu den Vorfällen stehen, erstaunen die Antworten. Zwar heisst niemand die Taten an sich gut, viele zeigen aber Verständnis für den Hass der Rechtsradikalen - bei gewissen Leuten ist eine latente Ausländerfeindlichkeit spürbar.
Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass sich die Pegida im letzten Winter Weil am Rhein für ihre Kundgebungen ausgesucht hat. Deren Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen allerdings nicht nur aus Weil am Rhein, sondern auch aus dem grenznahen Ausland, sagt der Weiler Polizeisprecher Klaus Klotz. «Ich kann nicht behaupten, dass es ein Weiler Problem ist.»
(Regionaljournal Basel, 12:03 Uhr)