Über 100 Jahre lang produzierte die Basler Chemie im Klybeck unter anderem Medikamente und Farbstoffe. Diese Zeiten sind nun allerdings vorbei, aus dem ehemaligen Industriequartier soll in den nächsten Jahren ein Wohnquartier werden für 20'000 Menschen. Der Kanton Basel-Stadt hat mit den Chemiefirmen Novartis und BASF erste Pläne entworfen. Das Gebiet ist eine wichtige Entwicklungsfläche für den Kanton.
Nicht genügend untersucht
Kritisch zum Projekt äussert sich indes Martin Forter. Der Altlastenexperte ist Geschäftsführer des Vereins Ärzte für den Umweltschutz. Er wirft den Behörden Nonchalance vor und fordert sie auf, zuerst den belasteten Boden zu sanieren und erst dann zu planen.
Heute veröffentlichte Martin Forter nun einen ausführlichen Bericht zum Klybeck-Quartier. Er kommt dabei zum Schluss, dass die Chemiefirmen und der Kanton nicht genügend nach giftigen Chemikalien gesucht hätten. Er beruft sich dabei auf interne Dokumente und auf Aussagen von ehemaligen Mitarbeitenden.
Giftige und krebserregende Stoffe
Rund 2000 Schadstoffe seien auf dem Industrieareal umgeschlagen und produziert worden. Viele Stoffe seien giftig oder krebserregend. Es sei bis heute nicht bekannt, ob diese Substanzen das Grundwasser verunreinigt hätten. Denn: Nach vielen Stoffen sei nicht systematisch gesucht worden. Dies, obwohl sie in internen Berichten der Chemiefirmen als Risikosubstanzen eingestuft wurden.
Die Industrie habe auch Tricks angewendet bei der Messung der Schadstoffe im Grundwasser, hält Forters Bericht fest und beruft sich auf ehemalige Mitarbeiter. Man habe das Grundwasser stets an der Arealgrenze gemessen, wo die Stoffe verdünnt seien, statt am Verschmutzungsherd. Dies, um den Boden nicht sanieren zu müssen. Das Amt für Umwelt und Energie habe diese Praxis toleriert. Der Kanton, sagt Martin Forter, habe die Altlastenverordnung somit nur ansatzweise umgesetzt. Das Klybeck Areal ist im Altlastenkataster als überwachungsbedürftig eingestuft. Das heisst, das Gebiet muss nicht saniert werden, sofern es nicht baulich verändert wird.
Kanton sagt, das Areal sei gut untersucht
Matthias Nabholz, Leiter des Basler Amts für Umwelt und Energie, widerspricht dieser Darstellung in vielen Punkten. Der Kanton setze die Altlastenverordnung sehr wohl um, konsequent, und das seit zwanzig Jahren. «Das Areal ist sehr gut untersucht», sagt Nabholz. «Aber natürlich kennen auch wir nicht jeden Quadratmeter und es kann sein, dass man bei Grabungen auf Überraschungen stösst.» Er geht aber nicht davon aus, dass man zum Schluss kommen könnte, dass das Areal sanierungsbedürftig sei.
Forter erhält derweil Rückendeckung von Peter Donath, langjähriger Ciba-Mitarbeiter und zuletzt Umweltchef des Konzers. Er schätzt Forters Aussagen als realistisch ein. Vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sei viel Gift in den Boden gelangt, durch undichte Leitungen und übergelaufene Fässer. «Man kann aus einem Chemie-Quartier nicht einfach ein Wohn-Quartier machen», sagt Donat.