Der Gründer und langjährige Direktor des Instituts für Organisation und Personal der Universität Bern, der deutsch-schweizerzische Wirtschaftswissenschafter Norbert Thom, ist 72-Jährig verstorben. Ein grosser Verlust, nicht nur für die Wissenschaft, erklärt Wirtschaftsredaktor Klaus Bonanomi im Gespräch.
SRF News: Welche Bedeutung hatte Norbert Thom?
Klaus Bonanomi: Er hatte eine grosse Bedeutung als Ausbildner. Er lehrte, wie sich Betriebe aufbauen und organisieren können. Wichtig seien – so Thom – Strukturen, die es allen ermöglichen, sich einzubringen. Und nicht Hierarchien, die jene an der Spitze haben, die sich aufgrund von Alter und Rangordnung durchsetzen. Führen durch überzeugen und motivieren, nicht befehlen. Andererseits war er auch eine Person der Öffentlichkeit, er baute das Kompetenzzentrum Public Management auf. Und er war auch in den Medien jederzeit für eine kernige Aussage gut.
Haben Sie dafür ein Beispiel?
Er hat sich immer wieder gegen zu hohe Manager-Löhne geäussert. Die Boni der Banker stünden in keinem Verhältnis zu Leistung und Risiko. Ein Musiker auf der Bühne oder eine Ärztin im Operationssaal seien viel höheren Belastungen ausgesetzt als ein Kantonalbankchef, der aber trotzdem mehr verdient. Gleichzeitig warnte er auch immer vor zu viel Bürokratie.
Norbert Thom war aber auch in der Praxis tätig, oder?
Ja, es war ihm wichtig, dort sein Wissen einzubringen. Bis letztes Jahr war er im Verwaltungsrat von Ypsomed, dem Medtech-Unternehmen aus Burgdorf. Vorher war er lange im Verwaltungsrat des Berner Druckunternehmens Wifag. Die Firma musste vor neun Jahren schliessen, war international nicht mehr konkurrenzfähig. Norbert Thom sah das als persönliche Niederlage. Aber man habe immerhin für alle Angestellten und Lehrlinge Anschlusslösungen gefunden. In meinen Augen ist das typisch für Norbert Thom: Es sei die Aufgabe der Wirtschaft, alle mitzunehmen und niemanden zurückzulassen.