Gleich zwei Bundesräte und zwei Kantonsvertreter haben am Montag vor den Medien für ein Ja zum Covid-19 Gesetz geworben. Ein beachtlicher Aufmarsch, in Anbetracht dessen, dass von den Parteien kein Widerstand zu erwarten ist. Es sind nämlich alle Parteien für das Gesetz, die SVP hat Stimmfreigabe beschlossen.
Dennoch hat der Bundesrat vor der Abstimmung Respekt. Bundespräsident Guy Parmelin warnte mehrmals davor, aus Frust oder Wut über die gegenwärtige Corona-Situation das Gesetz abzulehnen. Bei der Ausarbeitung des Gesetzes seien alle demokratischen Regeln eingehalten worden. Es sei im Parlament debattiert und verabschiedet worden.
Gegner haben Angst vor Ungleichbehandlung
Für die Gegner, die sogenannten Freunde der Verfassung, ist das Gesetz schlicht unnötig und gefährlich. So sagt Michael Bubendorf, Sprecher des Referendumskomitees: «Der vielleicht gefährlichste Artikel ist der Artikel 3a. Dort wird vorgesehen, dass Menschen, die geimpft sind, nicht mehr in Quarantäne müssen. Das schafft eine Rechtsungleichheit: Die Ungeimpften – Menschen, die sich nicht impfen lassen können oder wollen – sind weiterhin dem willkürlichen Freiheitsentzug von Isolation und Quarantäne ausgesetzt.»
Wir sehen in keiner Weise ein verfassungsrechtliches Problem.
Das stimme nicht, sagt Michael Gerber, zuständig für rechtliche Fragen beim Bundesamt für Gesundheit. Bei jemandem, der gegen Corona geimpft sei, mache es keinen Sinn, ihn in Quarantäne zu stecken, weil er ja niemanden anstecken könne, also könne er auch anders behandelt werden. «Das Rechtsgleichheitsgebot gebietet dort differenzierte Lösungen zu machen. Das steht jetzt auch neu in diesem Artikel 3a. Insofern sehen wir hier in keiner Weise ein verfassungsrechtliches Problem.»
Bundesrat braucht gesetzliche Grundlage
Herzstück des Covid-19-Gesetzes ist für den Bundesrat die millionenschwere finanzielle Unterstützung, welche bei einem Nein gefährdet wäre. Deshalb sei ein Ja wichtig, sagt Gesundheitsminister Alain Berset. «Wir brauchen weiterhin die Unterstützung für Unternehmen. Wir brauchen auch diese gesetzliche Grundlage für den Zugang zu innovativen Medikamenten. Wir brauchen diese gesetzliche Grundlage, um die Kosten der Tests übernehmen zu können.»
Der Bundesrat sagt, ihr bekommt nur dann Hilfsgelder, wenn ihr uns die Macht gebt. Obwohl das nicht notwendig wäre.
Dagegen sind auch die Freunde der Verfassung nicht. Auch bei einem Nein werde das Gesetz bis Ende September in Kraft bleiben. Da bleibe Zeit genug für das Parlament, neue Hilfspakete zu sprechen, so Bubendorf. Der Bundesrat betreibe hier Angstmacherei.
SVP-Nationalrat Lukas Reimann spricht gar von Erpressung: «Er sagt, ihr bekommt nur dann Hilfsgelder, wenn ihr uns die Macht gebt. Obwohl das nicht notwendig wäre. Es würde die Zahlungen vielleicht sogar beschleunigen, denn der Bundesrat könnte bis am 25. September ja alles auszahlen.»
Reimann ist vor allem aus staatspolitischen Gründen klar gegen das Covid-19-Gesetz. Hier würden Kompetenzen weg vom Parlament zur Verwaltung verschoben. Das sei inakzeptabel. Berset warnte nochmals eindrücklich davor, dem Bundesrat mit einem Nein einen Denkzettel verpassen zu wollen. Diese Abstimmung habe riesige Konsequenzen – aber nicht für den Bundesrat. Sondern eben für jene, die Hilfe benötigten, so Berset. Ob das Stimmvolk auch so denkt, zeigt sich am 13. Juni.