Vom Oeschinensee oberhalb von Kandersteg hinauf zur Fründenhütte auf über 2500 Metern über Meer möchte eine Familie aus dem Kanton Luzern mit zwei Söhnen (11 + 13) Anfang August aufsteigen.
Ein anspruchsvoller Bergweg der Schwierigkeitsstufe T4, aber auch mit Kindern in diesem Alter gut machbar. Dies die Auskunft, welche man von der Hütte erhalten habe, erzählt die Mutter im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Andere Wanderer raten zum Umkehren
Doch während des Aufstiegs verschlechtert sich das Wetter. Leichter Regen und Nebel kommen auf. Entgegenkommende Wanderer hätten sie gewarnt, der Weg sei rutschig und gefährlich: «Wir sollten unbedingt umkehren mit unseren Kindern.»
Die Familie ruft bei der Fründenhütte an. Hüttenwartin Marianne Winkler bleibt der Ansicht, ein Aufstieg unter diesen Umständen sei auch mit Kindern noch gut machbar. So schildern es beide Seiten gegenüber «Espresso». Und sie weist die Gäste darauf hin, sie hätten ja eine Übernachtung reserviert.
Kostenlose Absagen bis 48 Stunden vorher
Laut den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des SAC kann eine Übernachtung so kurzfristig nicht mehr gratis storniert werden. Es gilt hier in allen Hütten eine Frist von 48 Stunden. Bei schlechtem Wetter bedarf es eines Belegs einer offiziellen Unwetterwarnung, im Winter einer Lawinenwarnung.
Die Familie steckt in einer Zwickmühle, doch schliesslich habe man sich im Sinne der Sicherheit der Kinder entschieden: «Das hat für uns erste Priorität.» Die Vier brechen den Aufstieg ab und wandern stattdessen zur Blüemlisalphütte, wo zufällig noch kurzfristig Plätze frei sind.
Weshalb keine Kulanz?
Die Fründenhütte belastet ihnen darauf den vollen Übernachtungsbetrag von 264 Franken. Die Familie findet das «nicht fair». Sie hätte zumindest ein gewisses Entgegenkommen erwartet.
Das Hüttenwart-Paar Marianne und Bernhard Winkler sieht das anders. Die AGB betrachten sie als «verbindliches Regelwerk». Nach diversen negativen Erfahrungen mit kurzfristigen Absagen, würden sie sich «nüchtern» daranhalten. «Das mag im einen oder anderen Fall hart sein», schreibt Bernhard Winkler auf Anfrage «Espresso».
Viele faule Ausreden
Vor allem im letzten Jahr, dem Corona-Jahr 2020, seien viele Menschen in die Berge geströmt, ohne sich davor vertieft über die Route und die Schwierigkeiten alpiner Wanderungen zu informieren, führt der Hüttenwart weiter aus. Die Folge: Manche dieser Wanderer schafften es nicht bis zur Hütte.
Nebst ehrlichen Begründungen seien immer wieder auch faule Ausreden gekommen: «Mehrfach wurde uns kurz vor der Nachtessenszeit gemeldet, die Schuhsohlen hätten den Geist aufgegeben. Zu dieser Zeit hätten die Gäste ja bereits auf der Hütte sein sollen.»
«Da machen wir nicht mit»
Nun kann man argumentieren, dass die Familie aus dem Kanton Luzern ja mit gutem Grund umgekehrt ist. Sie wollte kein unnötiges Risiko eingehen. Der Hüttenwart bleibt dabei, der Aufstieg wäre machbar gewesen.
Es lohne sich aber, bei unsicherer Wetterlage rechtzeitig mit der Hütte Kontakt aufzunehmen. Das sei bis zwei Tage vor der Tour möglich. Und dann könne man die Situation besprechen und allenfalls Abmachungen treffen, unter welchen Bedingungen ein Abbruch akzeptiert werde. Bei jener Familie habe keine solche Absprache stattgefunden. Sie poche jetzt nachträglich via Medien auf ein Recht, das ihr nicht zustehe. «Da machen wir nicht mit.»
Die Geschichte fand dann doch noch einen versöhnlichen Abschluss. Der SAC – nicht das Team der Fründenhütte – schickte der wanderfreudigen Familie einen Gutschein über 100 Franken.