Im Sommer 2015 verknurrte die Polizeidirektion fünf Gemeinden, ihre Zivilschutzanlagen als Asyl-Unterkünfte zu öffnen. Im September reagierte der Kanton auf die Gegenwehr der Gemeinden vor Verwaltungsgericht und die Forderungen des Gemeindeverbandes VBG nach mehr Koordination und nach kleineren Unterkünften. «Ich nehme die Verfügungen zurück. Ich will damit ein partnerschaftlicher Neuanfang mit allen Gemeinden im Kanton ermöglichen», sagte Regierungspräsident Hans-Jürg Käser am 8. September vor dem Grossen Rat.
Mit den Gemeinden kommt etwas in Gang...
Tatsächlich nimmt eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Polizeidirektion, des VBG und aller Partner bei der Flüchtlingsunterbringung Ende Oktober die Arbeit auf. Die Verfahren sind standardisiert und einige Gemeinden haben sich mit dem kantonalen Migrationsamt auch auf Unterkünfte geeinigt, die kleiner sind als für 100 Leute. «Ich bin verhalten optimistisch, dass wir da zu Lösungen kommen», bilanziert Polizeidirektor Käser.
...aber die Gebäudeversicherung gilt als Bremsklotz
Nicht zufrieden ist Käser mit der Gebäudeversicherung des Kantons Bern GVB. «Ihre Forderungen nach Brandschutzmassnahmen sind teuer und zeitintensiv und für uns extrem hinderlich», grollt der Regierungspräsident. Denn die Suche nach neuen Unterkünften ist zeitlich stark unter Druck. Bestehende Verträge laufen aus und möglicherweise braucht es Ende November auch einen Ersatz für die Armeezelte im Seeland, die als Provisorium hingestellt wurden. «Wir sind daran, neue Möglichkeiten anzuschauen». Ob dies gelingt oder ob die Flüchtlinge auch über den Winter in den geheizten Zelten bleiben müssen, ist offen.
«70'000 Franken für eine Brandmeldeanlage in einer Unterkunft, die wir vielleicht ein oder zwei Jahre betreiben wollen, das muss man sich gut überlegen».
Er fragt sich zudem, ob solche Auflagen haltbar wären, wenn unser Land von einer grossen Flüchtlingswelle überrollt würden.
Die GVB ist überrascht
Die regierungsrätliche Schelte überrascht die Gebäudeversicherung. «Ich staune etwas», sagt Geschäftsleitungsmitglied Theo Bühlmann, Leiter Prävention und Intervention der GVB. «Wir sind seit drei Monaten mit dem Migrationsamt daran, jede mögliche Unterkunft zu überprüfen. Und dabei gelten die in der Schweiz verbindlichen Brandschutzrichtlinien». Es gäbe auch keine Unterschiede, ob ein Jugendlager, eine WK-Kompanie oder Asylbewerber untergebracht würden zum Beispiel in einer Zivilschutzanlage.
Allerdings sind an diesen Auflagen mögliche Unterkünfte gescheitert. So meldete die Gemeinde Grosshöchstetten, ihre Militärunterkunft käme nicht in Frage, weil die Nachrüstung der Brandschutzeinrichtungen zu teuer sei und ein Baubewilligungsverfahren mit einem Zeitbedarf von mindestens neun Monaten nach sich ziehen würde.