Das Tscharnergut gilt als Pionierwerk des Massenwohnungsbaus. In den 1960er- und 1970er-Jahren kamen Architekten aus der ganzen Welt nach Bern, um die Hochbausiedlung in Bethlehem zu bestaunen. In Spitzenzeiten lebten 5000 Menschen in den 1200 Wohnungen. Heute ist es noch die Hälfte.
Preiswerte Wohnungen gefragt
Geplant wurde die Hochhaussiedlung in den 1950er-Jahren. Wegen der Landflucht herrschte in Bern akute Wohnungsnot. Möglichst viele und möglichst preiswerte Wohnungen mussten her; und das möglichst schnell.
Den Wettbewerb der Stadt Bern gewann ein junges Architektenduo: Ulyss Strasser und Hans-Rudolf Lienhard. «Das war für uns, die kurz zuvor mit einem Büro in der Küche gestartet waren, eine riesige Überraschung», sagte Ulyss Strasser 2009 in einem Radiointerview.
Pionierleistung
Das erste Hochhaus der Schweiz wurde 1932 in Lausanne gebaut, später folgte eine Hochhaussiedlung in Genf und schliesslich ab 1958 der Bau des Tscharnerguts in Bern-Bethlehem. Pionierhaft war die Siedlung damals nicht nur wegen ihrer Hochhäuser und der verdichteten Bauweise. Sondern auch für die grosszügige Grünflächen zwischen den Häusern - rund 380 Bäume wurde gepflanzt. Auf Autoverkehr wurde verzichtet, dafür Fusswege geplant.
Ulyss Strasser und das Tscharnergut
- Multimedia-Reportage: Ulyss Strasser berichtet übers Tscharnergut Multimedia-Reportage: Ulyss Strasser berichtet übers Tscharnergut
- Das Tscharnergut aus Sicht der Architekten Das Tscharnergut aus Sicht der Architekten
- Das Bundesamt für Kultur zum Tscharnergut Das Bundesamt für Kultur zum Tscharnergut
Quartier mit Kultstatus
Unter Architekten genoss das Tscharnergut Kultstatus. Fachleute aus der ganzen Welt reisten an und nahmen an einer organisierten Führung durch das Quartier teil. Auch der Bürgermeister von Moskau soll die Mustersiedlung im kapitalistischen Ausland besucht haben.
Heute steht das Tscharnergut der beiden Architekten Ulyss Strasser und Hans-Rudolf Lienhard unter Denkmalschutz. Ulyss Strasser starb am 27. Mai kurz vor seinem 93. Geburtstag.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)