Viele der Russen in Zermatt gehören zur obersten Mittelschicht oder gar zu den sehr Reichen. Auch sie haben in den letzten Wochen zum Teil Geld verloren, können sich aber Ferien in Zermatt immer noch leisten. «Ich habe mein Geld praktisch nur in US-Dollar angelegt und bin deshalb nicht ärmer als vorher», sagt der CEO einer Versicherung, der mit der ganzen Familie in den Walliser Bergen Ferien macht. Er gebe deshalb auch nicht weniger Geld aus als vor dem rapiden Verfall der russischen Währung. Diese hat innerhalb eines Jahres die Hälfte an Wert eingebüsst.
Mit dem grossen Portemonnaie unterwegs
Etwa 10‘000 Franken pro Person zahlt der Familienvater für zehn Tage Ferien, schätzt er. Und erzählt stolz, er habe schon mehrere Schweizer Uhren. Auch ein anderer Feriengast aus Russland, ein Finanzfachmann aus Moskau, hat die Ferien in Zermatt ohne zu zögern gebucht. Er glaube dennoch, dass auch Zermatt die Krise in seiner Heimat spüren werde. «Die Reichen können sich das leisten, aber die Masse der Russen wird für einige Jahre nicht mehr nach Europa kommen können», glaubt er.
Ich habe schon fünf Schweizer Uhren
Für den Zermatter Tourismus ist es wichtig, dass die finanzkräftige russische Oberschicht weiterhin im Ort Ferien macht. Denn: Die Russen geben viel Geld aus. «Sie kommen mit vollen Taschen vom Shopping zurück. Und es ist wahr: morgens ist die Minibar oft leer», erzählt der Zermatter Hotelier Dominic Franzen. Er rüstet sich in seinem Hotel für das russische Weihnachtsfest am Dienstagabend.
Der Saal wird speziell geschmückt und aus der Küche kommt ein russisches Menü mit dem teuersten Kaviar, der vor Ort erhältlich ist. Denn die Russen sind zwar gute, aber auch sehr anspruchsvolle Gäste.
Allerdings achten die Zermatter Hoteliers auch darauf, dass es nicht zu viele russische Gäste gibt. «Es sind zwar unterdessen sehr kultivierte und anständige Gäste», sagt der Tourismusdirektor. «Aber wir sind gut beraten, wenn wir unsere Gäste in der ganzen Welt suchen und nicht nur auf ein Segment setzen.» Deshalb geben die Hoteliers auch nur einen Teil ihrer Zimmer an russische Reiseveranstalter ab.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 6.1.2015, 17:30 Uhr / 7.1.2015, 06:32 Uhr)