Doris Hohn zitiert aus der Fall-Liste von vor 50 Jahren: «Ungehorsamkeit, Bettnässer, Stotterer oder Vertreter der Langfingerzunft.» Früher, meint sie, sei das Erziehungsideal ein anderes gewesen. «1965 wollte man Kinder, die gehorchen und Respekt vor den Eltern haben. Zwang und Strafe waren die Erziehungsmethoden.»
Die Aufgabe der Erziehungsberatung war damals, dieses straffe Bild von Zucht aufzubrechen und Alternativen aufzuzeigen. 2015 sei die Situation anders. «Die Eltern wollen mündige, selbstbewusste Kinder. Das prägt die Erziehung.» Deshalb gehe es heute darum, auch wieder Grenzen aufzuzeigen.
Für Doris Hohn ist klar: Die Kinder sind eigentlich noch immer die gleichen. Egal ob sie nun 1965 leben oder jetzt. Aber die Umstände hätten sich schon verändert. So sei beispielsweise der Medienkonsum ein zentrales Thema geworden.
«Es gibt viele Kinder, die bis zu fünf Stunden online sind pro Tag.» Und auch neue Familienformen seien Thema: «Gerade bei einer Scheidung geht es darum, zu schauen, dass ein Kind wenigstens etwas Gutes aus der Situation ziehen kann. Schon nur, weil es eine solche Situation erlebt hat.»