Nach zehn Jahren in der Schweiz sind 50 Prozent der anerkannten Flüchtlinge und gar 70 Prozent der vorläufig Aufgenommenen immer noch ohne Arbeit und damit von der Sozialhilfe abhängig. Das ist auch im Kanton Bern so. Der Bund kürzt seit 2013 den Kantonen mit tiefen Erwerbsquoten die Asylsubventionen.
Das Pilotprojekt des Kantons Bern startete im August 2015. Die Technische Fachschule Bern bietet zusammen mit den kantonalen Berufsverbänden der Schreiner- und Baumeister Ausbildungen für Flüchtlinge an. Diejenige im Bereich Bau dauert ein Jahr und die Flüchtlinge erhalten danach ein Zertifikat.
Bei einem Besuch in einem überbetrieblichen Kurs in Bern wird rasch klar: Die Sprache ist für die Ausbildner die grösste Herausforderung. «Es gibt Flüchtlinge, die schon etwas Deutsch sprechen», sagt Instruktor Thomas Lauper, «aber oftmals verständigen wir uns mit Händen und Füssen.»
Gewollte Probleme
Dass die sprachliche Verständigung zum Teil schwierig ist, gehört sozusagen zum Konzept. Die Flüchtlinge werden möglichst rasch in den Arbeitsmarkt integriert, noch vor dem vollständigen Spracherwerb. Das war bisher nicht so.
Ich will einfach arbeiten und nicht Zuhause sitzen
Ein Mann aus der Türkei sagt, er sei in seiner Heimat Gärtner und Tapezierer gewesen. Aber ohne ein hier gültiges Diplom finde er keine Arbeit. «Die Ausbildung gefällt mir, auch wenn ich gerne auf meinen Berufen arbeiten würde. Aber Zuhause sitzen ist schlimm, ich will arbeiten.» Instruktor Thomas Lauper attestiert den neun Flüchtlingen in seinem Kurs hohe Einsatzbereitschaft.
Was passiert nach einem Jahr?
Aber: «Man merkt halt, dass es Männer gibt, die noch selten einen Nagel eingeschlagen haben.» Wie zum Beispiel ein Mann aus Eritrea, der in seiner Heimat studierte. Aber jeder Mensch brauche eine Arbeit sagt er, «deshalb mache ich diese Ausbildung - und sie gefällt mir sehr gut».
Für alle Flüchtlinge in der Ausbildung Bau konnte die Technische Fachschule Praktikumsplätze finden - dank dem Baumeisterverband und seinen guten Kontakten zu den Firmen, wie Felix Schärer betont. Schärer ist Projektleiter und überzeugt davon, dass die Flüchtlinge nach der Ausbildung Chancen auf eine Stelle oder Lehrstelle haben. «Gerade auf dem Bau braucht es Hilfskräfte, die Chancen sind sicher da.»
Schwieriger werde es für die 12 Flüchtlinge, die eine zweijährige Ausbildung zum Schreiner machen. Für sie sucht die Technische Fachschule im Moment Praktikumsplätze. «Im Bereich Holz sind die Firmen und Schreinereien noch nicht so an Migranten gewöhnt.»
Er sei aber zuversichtlich, die Betriebe vom Projekt überzeugen zu können, sagt Felix Schärer. Auch in diesem Bereich brauche es Leute mit mittlerem Ausbildungsstand, wie zum Beispiel Maschinisten.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)