«Gebären ist ein gesunder Vorgang», sagt Susanne Clauss. «Für mich war immer klar, ‹das ist meine Urkompetenz›.» Sie wurde Hebamme und sah im Spital, wie sie erzählt, «viele schöne Geburten. Aber die schönsten sah ich im Geburtshaus.»
Im Geburtshaus, sagt Susanne Clauss, spiele die Zeit keine so grosse Rolle wie im Spital. Dort richte man sich nach Vorgaben, wie viele Stunden oder Minuten ein bestimmter Vorgang höchstens dauern darf. «Das setzt die Frau unter Druck, was nie gut ist bei einer Geburt.» Viel Zeit nehme sich das Team im Geburtshaus auch schon vor der Geburt. «Wir führen mehrere Gespräche, in denen das Medizinische die kleinere Rolle spielt. Wichtiger ist, was die Frauen beschäftigt, und dass sie uns und sich selber vertrauen.»
Die Emanzipation hat erst die Köpfe erfasst.
Dass sich viele Frauen rund um eine Geburt lieber auf einen Arzt im Spital als auf sich selbst und eine Hebamme verlassen, dafür hat Susanne Clauss keine Erklärung. Sie habe manchmal den Eindruck, dass die Emanzipation nur bis zu den Schultern stattgefunden habe, von oben her. «Der Kopf ist emanzipiert, die Frauen studieren und haben die gleichen Chancen im Berufsleben wie die Männer. Aber von den Schultern an abwärts sehe ich noch nicht wirklich eine Emanzipation.»
Warum gehen Frauen jedes Jahr zum Gynäkologen?
Sie frage sich zum Beispiel auch, warum eine Frau jedes Jahr zum Gynäkologen gehe, um sich bestätigen zu lassen, dass sie gesund ist. «Männer machen das auch nicht.» Wobei sie eine Kontrolle alle drei Jahre nicht in Frage stellen wolle, ergänzt Susanne Clauss. «Grundsätzlich sehe ich eine Abhängigkeit, wenn man sich von aussen bestätigen lassen muss, dass alles in Ordnung ist. Statt dass man in sich selbst die Sicherheit findet.»
Susanne Clauss hat das Geburtshaus Luna 2001 mit zwei Kolleginnen in Biel gegründet, sie leitet es noch heute. Geplant ist der Umzug in ein ehemaliges Bauernhaus in Ostermundigen bei Bern - «wir brauchen mehr Platz», sagt Susanne Clauss als Sonntagsgast im «Regionaljournal Bern Freiburg Wallis». Noch ist die Geldsuche für die Renovation des Hauses im Gang, aber es komme gut.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)