Bei den letzten Grossratswahlen 2013 verfügte das Oberwallis über 38 Sitze im 130-köpfigen Parlament. Weil immer mehr Menschen ins Mittel- und Unterwallis ziehen, und damit dort die Bevölkerungszahl gegenüber dem Oberwallis steigt, wird der Oberwalliser Sitzanspruch in Zukunft geringer ausfallen. Damit sich die deutschsprachige Minderheit auch in Zukunft politisch einbringen kann, wird den Oberwallisern in der neuen Kantonsverfassung ein Minimum von 35 Sitzen garantiert. Die Oberwalliser Sitzgarantie wird nun zum Zankapfel.
Immer mehr Unterwalliser stören sich an der Bevorzugung des Oberwallis. Für Bernard Rey, den Walliser Präsidenten der FDP/Liberale ist klar: «Eine Stimme eines Unterwalliser Wählers hat weniger Gewicht als diejenige eines Oberwallisers. Dies in der Verfassung festzuschreiben ist wahnwitzig!» Die Kantonsregierung wirbt derweil unverdrossen für die Vorlage, welche am 14. Juni vors Volk kommt. Denn eine neue Verfassung ist dringend nötig.
So wie Rey denken mittlerweile viele im Unterwallis.
Sogar das Bundesgericht in Lausanne hatte den Walliser Wahlmodus kritisiert. Für SVP-Staatsrat Oskar Freysinger sollen die Unterwalliser dem kantonalen Zusammenhalt zuliebe «Ja» stimmen: «Die Unterwalliser sind den Oberwallisern zahlenmässig ja haushoch überlegen. Wegen ein paar Sitzen im Grossen Rat muss man doch kein Theater veranstalten.»
Im Fall einer Ablehnung droht dem Wallis eine institutionelle Krise. Im schlimmsten Fall müsste die Regierung dann per Dekret regieren. Bis eine neue Kantonsverfassung alle politischen Hürden schafft. Ein «Nein» zur neuen Kantonsverfassung am 14. Juni könnte den fragilen inneren Zusammenhalt des zweisprachigen Kantons jedenfalls nachhaltig erschüttern.
(Schweiz aktuell, 12.5.2015 19:00 Uhr)