Der Konflikt: Warum es in Zürich eskalierte
Der Demonstrations-Flyer hatte noch eine humvorvolle Note: «Wir sind brave Kinder, wir bauen uns ein Altersheim» stand da, verbunden mit dem Aufruf, Holzlatten und Nägel mitzunehmen. Nach dem Nein zum Jugendhaus wollten die Jugendlichen die Oberen der Stadt Zürich auf die Schippe nehmen. Und auch die Polizei habe am Anfang nicht an Krawall gedacht – die Stimmung sei wie an einem Volksfest gewesen, sagte 25 Jahre später Heinz Steffen, ein damaliger Zugführer, in einem Interview mit SRF.
Doch die Stimmung kippte, Polizei und Jugendliche fühlten sich gegenseitig provoziert. Über 1000 Demonstrantinnen und Demonstranten hatten sich auf der Bahnhofbrücke versammelt, die Polizei versuchte vom Balkon des Hotels «Du Nord» quasi «von oben herab», die Demonstration aufzulösen. Der Versuch misslang, Jugendliche und Polizisten gingen mit beispielloser Gewalt aufeinander los. Die Strassenschlachten dauerten bis Sonntag morgen früh. Zürich war geschockt.
Der Zeitzeuge: Hardy Hepp, der 68er, der keiner sein will
Hardy Hepp – Musiker, Maler, Dichter. Der 74-jährige hat die erste Zürcher Rockband «Krokodil» mitbegründet. Seine Reise zurück zu 1968 beginnt beim Globus-Provisorium.
Beim Rundgang zu 1968 durch das Zürcher Niederdorf erzählt er, die Globuskrawalle seien ein Ausbruch von Wut gewesen. Wut, die sich aufgestaut habe. Wut, die sich aufbaute. Und dann eskalierte. Natürlich seien die Krawalle politisch motiviert gewesen. Aber: «wir waren absorbiert von der Musik, vom Rock'n'Roll.»
Wir waren absorbiert vom Rock'n'Roll. Und wir dachten: Phuaw!
Und im «Haus zum Raben» gründete Hardy Hepp 1966 zusammen mit seinem Bruder die erste Wohngemeinschaft der Schweiz. In seiner WG habe die ganze Szene verkehrt, der Musiker Andreas Vollenweider oder der Schauspieler Matthias Gnädinger.
Das Bellevue sei das energetische Zentrum der Deutschschweiz gewesen. Filmemacher Rainer Werner Fassbinder oder der Beatle Paul Mc Cartney seien dort herum spaziert, das sei ganz normal gewesen.
1968 und die Frauen: Ein Stadtrundgang zur Frauenbewegung
Die Frauen nehmen die Jugendrevolte zum Anlass, sich zu emanzipieren. Bereits 1969 hält eine junge Studentin als erste weibliche Rednerin in der Geschichte der Zürcher Maifeiern eine feurige Ansprache für die Sache der Frau.
Mit mehreren frechen Aktionen machen die Zürcher Frauen in den Folgejahren auf sich und ihre Rechte aufmerksam. Sie organiserten sich in der Frauenbefreiungsbewegung FBB.
Die Bemühungen der Frauen um Gleichstellung gipfelten im Frauenstreik von 1991, dem grössten Streik überhaupt in der Geschichte der Schweiz. Der Frauenstadtrundgang «Von Utopie zu Aufbruch – 1968, Zürich und die Frauen» führt zu den Orten des Geschehens und erzählt die bewegte Geschichte der Zürcher Frauenbewegung nach.