Nein, vollblinde Menschen beschäftige er in Brig tatsächlich keine, sagt Geschäftsleiter Michael Billig. Aber solche, die nur wenig sehen: «Wer hier arbeitet, ist hochgradig sehbehindert.»
Fünf Leute arbeiten in der Produktion Brig. Sie stellen Bürsten, Besen und Körbe her. Alle sind sie von der Invalidenversicherung hierher verwiesen worden, bestätigt Billig. Andere arbeiten im Telefonverkauf oder im Transport. Sie sind nicht sehbehindert. Das sei aber in anderen Werkstätten auch so, meint Billig. Wenn er die Produkte als «Blindenprodukte» anpreise, so sei das für ihn kein Etikettenschwindel.
Vorwürfe im «Blick»
Genau das hatte der «Blick» diese Woche in einer Artikelserie geschrieben. Ehemalige Angestellte hätten bestätigt, dass hier gar keine Blinden arbeiteten. Und dass die Produkte danach zu überhöhten Preisen verkauft würden – als «Blindenprodukte».
«Wir hatten tatsächlich mal jemanden für kurze Zeit angestellt, der nicht sehbehindert war. Die Invalidenversicherung hatte uns angefragt. Aber er war anderweitig schwerbehindert. Ein Einzelfall.»
Was das Blind-Sein betrifft, so hat Billig eine Definition parat: «Blind ist, wer sich an einem fremden Ort ohne Begleitung nicht zurechtfindet.» Das wende er in seinem ganzen Firmenverbund an, wenn er Leute einstelle. Und er stelle ja hauptsächlich sehbehinderte Leute an.
Allerdings gibt es auch Kritik. Dass von Brig aus nicht nur Blindenprodukte aus der Schweiz vertrieben werden, sondern auch solche aus deutschen und österreichischen Blindenwerkstätten derselben Gruppe, stösst Matthias Bütikofer auf. Er ist der Geschäftsleiter der Blinden-Dachorganisation SZBlind. «Werden viele Produkte importiert, können wir gar nicht feststellen, wer die hergestellt hat. Und zudem finde ich es nicht redlich, wenn die Produkte als Schweizer Blindenprodukte deklariert werden.»
Michael Billig relativiert: «Wir importieren tatsächlich Waren von anderen Standorten. Aber das machen viele Werkstätten. Zudem sind die Regelungen und Kontrollen bei Blindenwerkstätten in Deutschland strenger als in der Schweiz.»