- Im ehemaligen Kandergrunder Munitionslager Mitholz besteht eine grössere Explosionsgefahr als bisher angenommen.
- Der Bund schliesst die dortige Truppenunterkunft sowie die Armeeapotheke mit sofortiger Wirkung.
- Sofortmassnahmen zum Schutz von Bevölkerung und Verkehrswegen sind laut den Experten nicht nötig.
Im damaligen Armee-Munitionslager Mitholz kam es im Dezember 1947 zu einer Reihe gewaltiger Explosionen. Tonnenschwere Felsbrocken wurden teils Hunderte Meter weit geschleudert und zerstörten viele Gebäude des nahe gelegnen Dorfes. Die Katastrophe forderte neun Todesopfer.
Expertengruppe korrigiert Gefahren-Beurteilung
In der Anlage befinden sich bis heute rund 3500 Tonnen Munition mit mehreren 100 Tonnen Sprengstoff. Frühere Beurteilungen, wonach eine weitere Explosion nur kleinere Schäden zur Folge hätte, hat eine Expertengruppe im Auftrag des VBS nun korrigiert. «Das Risiko muss höher eingeschätzt werden, als bisher angenommen», sagte Verteidigungsminister Guy Parmelin am frühen Abend in Mitholz.
Es ist nicht nötig, das Dorf zu evakuieren oder Bahnlinie und Strasse zu sperren.
Die externen sowie VBS-eigenen Sachverständigen kämen in einem Zwischenbericht ihrer Lagebeurteilung zum Schluss, dass die Gefahr für Schäden teilweise massiv grösser ist, als es die geltenden Regelungen zum Umgang mit Risiken erlaubten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein kleineres Ereignis eintreten könnte, liegt laut den Experten bei einmal pro 300 Jahre, für ein grösseres Ereignis bei einmal pro 3000 Jahre.
VBS-Vorsteher Parmelin hat deshalb die Schliessung der Truppenunterkunft sowie des Lagers einer Armeeapotheke auf dem Gelände angeordnet. Eine Evakuierung des Dorfes sei dagegen nicht nötig. Ebensowenig müssten Strasse und Bahnlinie gesperrt werden.
Der heute vorgelegte Zwischenbericht soll in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen sein. Bereits jetzt hat der Bundesrat das VBS mit der Bildung einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung aller Departemente beauftragt. Diese soll weitere Massnahmen sowie rechtliche Folgen klären.
Konsternierter Gemeinderat, gelassene Bevölkerung
Der Kandergrunder Gemeindepräsident Roman Lanz sagte vor den Medien, der Gemeinderat sei nach der Information durch den Bund konsterniert und ein bisschen durcheinander. Er könne die Neuigkeiten noch nicht einordnen. Er sei froh, dass das VBS eine Hotline für die Bevölkerung einrichte.
An einer Informationsversammlung für die lokale Bevölkerung am Donnerstagabend gab es kaum Wortmeldungen. Ein Bürger sagte, er sei froh um die Information und bat um komplette Information – auch langfristig. Parmelin sagte den rund 70 anwesenden Einwohnern, der Bundesrat werde alles tun, um die Situation zu klären.
Eine der grössten Explosionen ohne Kernkraft
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Bild 1 von 7. Es war die Nacht vom 19. auf den 20. Dezember 1947: In der Gemeinde Kandergrund im Berner Oberland ereignete sich eine der grössten Explosionskatastrophen der Schweiz. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 7. In einem Munitionslager der Schweizer Armee kam es zu einer Reihe schwerer Explosionen. 3000 von 7000 Tonnen eingelagerter Munition explodierten oder verbrannten. Bildquelle: Schweizerisches Bundesarchiv .
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Bild 3 von 7. Durch die Erschütterungen, stürzte eine Felswand ein und Teile des nahe gelegenen Dorfes Mitholz wurden zerstört. Bildquelle: Schweizerisches Bundesarchiv.
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Bild 4 von 7. Neun Menschen starben, mehrere wurden verletzt. 200 Personen wurden obdachlos. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 7. Die Explosionen waren so gewaltig, dass auch in der Gemeinde Kandergrund 40 Häuser beschädigt wurden. Der Sachschaden wurde damals auf 100 Millionen Franken geschätzt. Bildquelle: Schweizerisches Bundesarchiv.
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Bild 6 von 7. Aufräumen nach der Katastrophe: Auch die Bahnarbeiter mussten anpacken. Die Bahnstrecke war tagelang unterbrochen. Die Station Blausee-Mitholz der Lötschbergbahn war zerstört. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 7. Die Ursache des Unglücks wurde nicht geklärt. Vermutet wird, dass die Explosion durch eine chemische Reaktion in einem Zünder ausgelöst wurde, was dann zu einer Kettenreaktion führte. Bildquelle: Schweizerisches Bundesarchiv.