«Sowas würde ich nie machen!» Das sei wohl die häufigste Reaktion in seinem Bekanntenkreis gewesen, als er sich vor gut einem Jahr an einem Vortragsanlass zum Thema spontan einen Chip unter die Haut setzen liess, erzählt der 52-jährige Sportmarketing-Experte Rainer Gilg. Seither ruft man ihn «Cyborg-Gilg».
Gilg kann die Aufregung zwar verstehen, aber nicht wirklich nachvollziehen. Bei Haustieren oder in der Medizin seien Implantate ja schon lange gang und gäbe, sagt er im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Sein Datenträger ist nicht viel grösser als ein Reiskorn und steckt unter der Haut seiner linken Hand, zwischen Daumen und Zeigefinger.
Der sogenannte RFID-Chip (Radio-Frequency Identification) kann Infos speichern (persönliche Daten, Gesundheits-Infos oder irgendwelche Dokumente). Via Handy-App lassen sich diese Daten lesen.
«Staunen und Stottern im Fitnesscenter»
Theoretisch könnte er, mit dem entsprechenden Programm versehen, auch den Haustürschlüssel, einen Zutritts-Badge am Arbeitsplatz oder einen Zeitmessungs-Chip bei einem Sportanlass ersetzen. Hier ist Rainer Gilg aber bislang erfolglos geblieben. Die Empfangsdame seines Fitnesscenters habe mit «Staunen und Stottern» reagiert, als er sie gefragt habe, ob er statt des Badges den Chip in seiner Hand verwenden dürfe.
Kein Erfolg hatte er auch mit seiner Anfrage bei seinem Arbeitgeber oder bei Banken, wo der Chip die Debitkarte hätte ersetzen können. Die Banken wiesen ihn mit Verweis auf Sicherheit und Datenschutz ab. «Dabei sind die Daten wohl nirgends besser aufgehoben als unter meiner Haut», findet Gilg.
Ernüchternde Bilanz
Die Bilanz nach einem Jahr als «Cyborg-Gilg» fällt denn auch ernüchternd aus. Herausnehmen will er den Chip allerdings noch nicht. Nicht zuletzt, um die Diskussion über das Thema in Gang zu halten: «Aber wenn ich nach zwei, drei Jahren immer noch nichts damit anfangen kann, werde ich ihn herausnehmen.»
Fans träumen von «Brain-to-Brain»-Kommunikation
In der Schweiz ist man offenbar auch noch nicht wirklich bereit und gerüstet für gechippte Menschen. Im Internet sieht man einen mehrfach gechippten Deutschen, der mit seiner Hand Haus- und Autotüren öffnet. In Schweden soll es dank solchen Implantaten möglich sein, Zugtickets auf den Chip zu laden und in Australien Bitcoins runterzuladen.
Die Verfechter dieser Technologie träumen schon von Höherem, und zwar von einer völlig gerätelosen «Brain-to-Brain»-Kommunikation dank Gehirn-Implantaten. Die Forschung daran ist aber erst am Anfang. Begeisterte Cyborgs rechnen damit, dass es wohl noch mehrere Jahrzehnte dauern wird, bis dies im Alltag Einzug hält.