Die schwere Hirnerkrankung Chorea Huntingon nannten früher die Menschen «Veitstanz», weil die Patienten durch ihren tänzelnden bis torkelnden Gang auffielen. Bei den Betroffenen produziert der Körper ein fehlerhaftes Eiweiss, welches das Gehirn schädigt und zu Bewegungsstörungen führt. Das erbliche Nervenleiden galt bislang als unheilbar und führt meist nach 15 bis 20 Jahren zum Tod des Patienten.
Experimentelles Medikament
Doch nun haben britische Forscher einen Wirkstoff gegen die Nervenkrankheit entwickelt. Ein Team am University College London (UCL) unter der Leitung von Sarah Tabrizi hat erste Ergebnisse veröffentlicht. Demnach ist es ihnen gelungen, die Ursache der Krankheit zu bekämpfen. Getestet wurde das experimentelle Medikament gegen Chorea Huntington bislang aber nur an 46 Patienten.
«Zum ersten Mal hat ein Medikament den Anteil der giftigen krankheitsursächlichen Proteine im Nervensystem gesenkt», erklärte Forscherin Tabrizi der Zeitung «The Guardian» die Wirkung von Ionis-HTTRx.
Grosse Hoffnung in der Medizin
Für den Berner Neurologen und Huntington-Experten Michael Schüpbach ist das ein hoffnungsvolles Zeichen: «Aber man darf jetzt noch nicht davon ausgehen, dass dieses Medikament auch die Krankheit in ihrem Verlauf beeinflussen kann. Das muss zuerst nachgewiesen werden. Aber das erhoffen wir uns und es ist durchaus möglich.»
Mit dem neuen Medikament sollen jetzt grössere Studien durchgeführt werden. Der neue Wirkstoff ist so vielversprechend, dass das Basler Pharmaunternehmen Roche ein Medikament zur Marktreife bringen will. Ein möglicher Einsatz im klinischen Alltag liegt aber noch in weiter Ferne.
400 Betroffene in der Schweiz
In der Schweiz gibt es gemäss der Schweizerischen Huntington Vereinigung (SHV) gegen 400 von der Krankheit betroffene Menschen. Eine von ihnen ist Itala Bucher. Seit 24 Jahren leidet sie an der Nervenkrankheit. Zu Beginn konnte sie noch selber gehen, sprechen und einfache Arbeiten verrichten. Mittlerweile ist nichts mehr davon möglich.
Ihr Mann Walter Bucher pflegt sie mithilfe der Spitex zuhause. Seit Jahrzehnten setzt er sich mit der Huntington-Vereinigung für Betroffene ein. Auf einen medizinischen Durchbruch wartete er schon lange: «Ich bin seit 24 Jahren mit dieser Krankheit konfrontiert. Für mich ist das der erste Lichtblick, der effektiv etwas Hoffnung, echte Hoffnung bringt.»
Itala Bucher würde das Medikament nicht mehr helfen, zu weit fortgeschritten ist ihre Gehirnerkrankung. In Zukunft könnte das Mittel aber anderen Patienten im Frühstadium helfen.