Zwei Jahre Pandemie-Misere haben bei Partygängern und Clubbetreiberinnen enormen Nachholbedarf aufgestaut. Die Aufhebung der Schutzmassnahmen zu Jahresbeginn war für sie ein Paukenschlag, der eine erste Welle auf die Dancefloors spülte. Nach der üblichen Sommerferienflaute zog die Feierlaune wieder mächtig an, und jetzt vor Silvester 2022 übertönt das Aufatmen der Clubszene fast die Bässe.
Wir sind wieder beim business as usual.
Entsprechend erleichtert klingt der Tenor aus der Branche landesweit. «Wir sind wieder beim business as usual», freut sich Valentin Aschwanden vom Basler Club «Das Viertel» im Dreispitz-Areal; Silvester sei im Vorverkauf schon ausverkauft. Letzteres gilt auch für die «Sandoase» im Basler Rheinhafen.
Der Winter sei generell Hochsaison für die Ausgangsbranche, stellt die Berner Bar- und Clubkommission fest, und die Branche erhole sich zusehends. Laut Alexander Bücheli von der Zürcher Bar- & Clubkommission ist die Szene nun wieder «happy und euphorisch». Die diesjährige Adventszeit ohne Schutzmassnahmen habe sehr gutgetan.
Nach der Sommerpause kamen wieder mega viele Leute.
Auch in Freiburg kehre das Nachtleben wieder zurück, sagt Gian Andrea Pokorny vom «Vingtième» beim Bahnhof: «Nach der Sommerpause kamen wieder mega viele Leute». Und auch im Wallis seien die Clubs heute wieder auf dem Stand wie vor Corona, schätzt Sebastian Hug, Chef des «Perron 1» in Brig.
Corona wirkt doch nach
Auch wenn jetzt die Tanzbühnen wieder beben: Die zwei Corona-Jahre haben Spuren hinterlassen. Das Personal sei nach zwei Krisenjahren angeschlagen, und man müsse darauf Acht geben, mahnt der Musikclub «Fri-Son» in Fribourg. Dies sagen auch andere Clubchefs.
Dass kommerzielle Veranstaltungen und Parties für Junge wieder abgingen wie früher oder noch besser, bestätigt auch Daniel Schneider, Gesamtleiter der Veranstalter-Organisation «Kartell Culturel Le Singe» in Biel. Weniger gut erholt hätten sich jedoch Jazz- oder World Music Konzerte, teils Kleinkunst-Veranstaltungen.
Schneider schreibt diesen Unterschied dem Publikum zu: Leute ab etwa 35 Jahren schätzten immer noch das Risiko mit grossen Ansammlungen ab, wenn sie ausgingen. Corona sei ja nicht weg, und man könne damit immer noch eine Woche im Bett landen.
Aschwanden hat den Eindruck, dass manche Gäste während der Pandemie andere Interessen entdeckt hätten und nun wegblieben. Auch Schneider sieht bei einigen Leuten neue Interessen: Mehr Leute gingen biken, und Netflix habe enorm zugelegt. Die Jungen feierten jetzt ab, doch die anderen blieben vielleicht eher zu Hause. So seien auch in der warmen Jahreszeit die Festivals toll gelaufen.
So eine Zeit will wohl niemand mehr erleben.
Die zwei Corona-Jahre seien sehr hart gewesen für sein Haus, sagt Sebastian Hug - «so eine Zeit will wohl niemand mehr erleben». Die Unterstützungsgelder vom Staat seien, salopp ausgedrückt, «dreimal nichts» gewesen. Zwei Jahre ohne Umsatz, während Mieten und die ganzen Betriebskosten weiterliefen, da sei es um das Überleben gegangen. Auch wenn es jetzt wieder sehr gut laufe, müsse man damit immer noch die Löcher der Corona-Jahre stopfen.
Alexander Bücheli sagt derweil, sein Zürcher Verband sei überrascht gewesen, wie wenige Betriebe während der Pandemie die Segel streichen mussten. Reserven und Staatshilfen hätten dazu beigetragen. Angesichts einer möglichen Strommangellage blickt er dennoch mit gemischten Gefühlen in die Club-Zukunft. «Eine zweite Phase mit solchen massiven Einschränkungen würde wirklich schwierig.»