3300 Tankstellen versorgen die Schweiz mit Benzin und Diesel. Rund jede dritte Tankstelle wird von BP (330), Coop (250), Migrol (300) oder Shell (300) betrieben. Alle Firmen sind auch im Vorstand des Branchenverbandes Avenergy, der ehemaligen Erdölvereinigung – und alle Firmen machen sich für mehr Klimaschutz stark.
Beispielsweise Shell: Der niederländische Erdölriese hat angekündigt, seinen CO2-Ausstoss auf null zu senken. Dazu sagt Shell-Chef Ben van Beurden: «Wenn wir unseren CO2-Ausstoss reduzieren – und Sie denken, das sei ein Trick, um grüner zu wirken, dann stimmt das nicht. Das ist kein Greenwashing.»
Das ist kein Greenwashing.
Heisst: Shell meine es ernst. Ähnlich tönt es bei BP. Trotzdem unterstützen BP und Shell das Referendum gegen das CO2-Gesetz. BP missfällt, dass durch das neue Gesetz Treibstoffe teurer würden.
Coop Mineralöl AG und Migrol sind auch im Boot
Bemerkenswert ist auch die Position von Coop Mineralöl AG und Migrol: Sie haben sich bei Avenergy ebenfalls für das Referendum ausgesprochen. Beide Firmen sind vollständig im Besitz ihrer Mutterkonzerne Coop und Migros. Diese vertreten allerdings eine komplett andere Position: Sie stehen hinter dem neuen CO2-Gesetz.
Wie passen diese gegenteiligen Positionen zusammen? Beide Unternehmen geben sich zugeknöpft: Interviews dazu geben sie keine. Es gibt lediglich kurze, schriftliche Antworten. Der Grundtenor: Das Referendum zu unterstützen, sei ein Entscheid von Avenergy gewesen. Coop schreibt: «Im Rahmen der IG Detailhandel unterstützt Coop das CO2-Gesetz. Der genannte Verband Avenergy verfolgt spezifische Interessen.»
Im Rahmen der IG Detailhandel unterstützt Coop das CO2-Gesetz. Der genannte Verband Avenergy verfolgt spezifische Interessen.
Die IG Detailhandel ist der Interessenverband von Coop und Migros. Dort heisst es: «Die IG Detailhandel begrüsst das CO2-Gesetz als notwendigen Beitrag zur Erreichung des Pariser Abkommens. Ein Referendum verzögert die Umsetzung dieser Strategie unnötig, während der Klimawandel weiter fortschreitet.»
Ein Referendum verzögert die Umsetzung dieser Strategie unnötig, während der Klimawandel weiter fortschreitet.
«Taten statt Worte» – «Generation M»
Eine unnötige Verzögerung also – und trotzdem haben sich die Tochterunternehmen von Coop und Migros für das Referendum ausgesprochen. Pikant ist dieser Entscheid auch deshalb, weil beide Konzerne viel Wert auf ihre nachhaltigen Engagements legen: Bei Coop ist es beispielsweise die Kampagne «Taten statt Worte», bei Migros sind es die Versprechen der «Generation M».
Gleichwohl sieht die Migros keinen Widerspruch zwischen diesen Versprechen und dem Referendum: «Ein Referendum zu ergreifen, ist ein demokratisch einwandfreies und legitimes Mittel. Somit ist das auch absolut kein Problem für die Migros.»
Ein Referendum zu ergreifen, ist ein demokratisch einwandfreies und legitimes Mittel. Somit ist das auch absolut kein Problem für die Migros.
Fahler Nachgeschmack bleibt
Unklar ist zudem, ob die Tochterunternehmen ihren Entscheid selbständig getroffen haben oder ob er mit der jeweiligen Konzernspitze abgesprochen war. Dazu wollen Coop und Migros nichts sagen. Gleichzeitig betonen aber beide Konzerne, dass sie die Referendumskampagne weder mit Geld noch mit Personal unterstützen würden.
So bleibt der Eindruck: Coop und Migros nehmen beim CO2-Gesetz eine widersprüchliche Position ein. Und sie sind froh, dass Avenergy für sie die politische Arbeit macht, die so gar nicht zu ihrem Bild passt.