Anwil, oder wie die Baselbieter sagen «Ammel», ist eine für das Oberbaselbiet ganz typische Gemeinde. Ein ruhiges, beschauliches, friedliches Dorf, in welchem die Uhren etwas langsamer laufen als anderenorts und auf dessen Schulhof ein Brunnen steht. Gemächlich plätschert er vor sich hin, dieser Brunnen, und wartet geduldig darauf, dass die Pausenglocke läutet und die Kinder zu ihm springen und von ihm trinken.
Doch so beschaulich diese Szenerie auch wirken mag, so aufregend ist die Geschichte, die dieser Brunnen erzählen könnte. Er ist nämlich alles andere als ein gewöhnlicher Dorfbrunnen sondern ein Basilisken-Brunnen, also einer, wie man sie sonst nur in der Stadt Basel sieht.
Um seine Geschichte zu verstehen, muss man eine Zeitreise machen. Zurück ins Jahr 1832 - und zur politischen Spaltung des damaligen Kantons Basel. Viele aufständische Landgemeinden haben in diesem Jahr der Stadt den Rücken gekehrt und sich zu einem neuen, eigenständigen Kanton zusammengeschlossen, dem Kanton Basel-Landschaft.
Basler versprachen eine Kirche
Zwölf Gemeinden jedoch - darunter auch Ammel - waren unschlüssig, zu welchem Kanton sie in Zukunft gehören wollten. In diesen Gemeinden kam es zu Volksabstimmungen. An der Urne sollte die Bevölkerung entscheiden, welchem Staatsgebiet sie sich anschliessen möchte. Der Kanton Basel versuchte derweil die Ammeler im Abstimmungskampf von einem Verbleib bei der Stadt zu überzeugen. Dabei versprach die Regierung der Gemeinde, dass man eine Kirche für das Dorf bauen werde, wenn dieses Basel die Treue halte. Dieses Angebot konnten die Ammeler natürlich nicht ausschlagen. Und so sprachen sie sich für den Verbleib beim Kanton Basel aus.
Nur, wer Ammel heute besucht, wird feststellen, dass in dem Dorf noch immer keine Kirche steht. Die Basler Regierung hat ihr Wort nicht gehalten. Ein Schandfleck in der Geschichte der städtischen Politik. Fairerweise muss man ergänzen, dass Ammel nur ein Jahr später doch noch zum Baselbiet übergegangen war.
Aber trotzdem: In Ammel haben die Menschen nie vergessen, dass sie eigentlich noch eine Kirche aus der Stadt zugute hätten. Und so erinnerten sie die Basler im Jahr 2001 anlässlich der 500-jährigen Zugehörigkeit der beiden Basel zur Eidgenossenschaft an ihr altes Versprechen. Den Baslern war das dann ziemlich peinlich und sie machten Ammel mit grossem Brimborium die Aufwartung.
Vier von sieben Basler Regierungsräten statteten der Gemeinde einen Besuch ab. Und als Gastgeschenk brachten sie den besagten Basilisken-Brunnen mit. So hat das Dorf nun zwar noch immer keine Kirche, aber doch immerhin einen Brunnen aus der Stadt erhalten.
Die Liebe der Ammeler zur Stadt hat dieses Geschenk allerdings nicht neu entfachen können. Bei der jüngsten Abstimmung zur Fusion der beiden Kantone stimmten die Ammeler deutlich «Nein».