Was heisst das Coronavirus für geistig Behinderte im Heim? Pamela ist 43 Jahre alt, schwer geistig behindert, blind und starke Epileptikerin. Seit einem Monat haben die Eltern ihre Tochter Pamela nicht mehr gesehen. Seit dann muss sie ununterbrochen im Heim bleiben. Normalerweise kommt Pamela am Wochenende nach Hause, doch in der Corona-Krise mussten sich die Eltern entscheiden. Die schwerbehinderte Tochter nach Hause nehmen hätte bedeutet, sie rund um die Uhr zu betreuen – auf unbestimmte Zeit. Und ohne die Möglichkeit, sie bei Überforderung wieder ins Heim zurückzubringen. Oder sie ganz im Heim lassen.
Kontakt halten nur per Telefon ist schwierig – Pamela kann reden, aber nicht wirklich erzählen, wie es ihr geht. Berührung wäre sehr wichtig – aber unmöglich. Eltern und Tochter vermissen sich und hoffen darauf, dass bald wieder wenigstens ein Spaziergang möglich wird.
Wie erklärt man das Coronavirus geistig beeinträchtigten Menschen? Vor dieser Herausforderung stehen die Heime. In der Stiftung Alpenruhe in der Gemeinde Saanen im Berner Oberland sind die Angestellten kreativ: Sie singen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern Lieder, damit diese die Hände ausreichend lange waschen, und zeigen ihnen Youtube-Videos. Man müsse sich Zeit nehmen, um immer wieder zu erklären, warum wir jetzt Vieles anders machen müssen als normal. Nämlich, um die Menschen zu schützen, die wir sehr gerne haben, sagt der Leiter der Alpenruhe, Markus Kindler. Im Heim gibt es auch Personen, die zur Risikogruppe gehören.
Was heisst die Ausgangssperre für Menschen mit körperlicher Behinderung? Zum Beispiel die Stiftung Rossfeld in der Stadt Bern, wo Menschen mit körperlichen Behinderungen leben, darunter auch Kinder: Einige sind durch das Coronavirus besonders gefährdet. Die Heimleitung hat deshalb entschieden, dass eine eigentliche Ausgangssperre gilt, damit das Virus nicht eingeschleppt wird, wie Direktorin Edith Bieri sagt.
Am Anfang sei das gut gegangen, inzwischen falle vielen Bewohnerinnen und Bewohnern die Decke auf den Kopf. Einzelne hielten sich nicht mehr an die Regelung, sagt Edith Bieri. Für körperlich beeinträchtigte Menschen, die es sonst schon schwieriger hätten, sich frei zu bewegen, sei die Situation besonders schwer zu ertragen.