Ausgangslage: Die Aargauer Gemeinden müssen laut Gemeindegesetz ihre Jahresrechnung 14 Tage vor der Gemeindeversammlung öffentlich auflegen. In diesen Unterlagen sind sensible Daten enthalten. So erfährt man zum Beispiel, wer in einer Gemeinde Sozialhilfe bezieht. Während die einen Gemeinden die Namen in den Unterlagen schwärzen, sind andere offenherzig. Das zeigen Recherchen des Regionaljournals Aargau Solothurn.
Beispiel Boswil und Effingen: Vergangene Woche wurde publik, dass die Gemeinde Boswil aus Versehen die Namen von Sozialhilfebezügern veröffentlicht hat. Ein ähnlicher Fall passierte Ende vergangenen Jahres in der Gemeinde Effingen. Beide Gemeinden bedauern diese Vorfälle, sagen aber gleichzeitig, dass es in den Gemeinden kein grosses Geheimnis sei, wer Sozialhilfe bezieht.
«Wir haben eine gesetzliche Auflagepflicht. In der Jahresrechnung kann jeder nachlesen wer wie viel Sozialhilfe bezogen hat», erklärt Daniel Wicki, Gemeindeschreiber von Boswil. Die Namen zu schwärzen, sei viel zu aufwändig. Ähnlich argumentiert man bei der Gemeinde Effingen.
Beispiel Baden: Nicht alle Gemeinden sind allerdings so offenherzig. In der Stadt Baden ist es nicht möglich, dass Einwohner im Rahmen der Jahresrechnung die Namen der Sozialhilfeempfänger erfahren. «In der Rechnung sind keine Einzelnamen zu erkennen», sagt Hildegard Hochstrasser, Leiterin Soziale Dienste der Stadt. Es gebe Persönlichkeitsrechte, die in diesem Fall über der öffentlichen Einsichtnahme stehen, so die Begründung.
Das sagt der Kanton: Wie ist es nun richtig? Bei der Gemeindeabteilung des Kantons kennt man die Antwort nicht. Leiterin Yvonne Reichlin sagt auf Anfrage: «Den Fall haben wir bisher noch nicht angeschaut.» In der Regel werde die Rechnungsauflage aber nicht gross genutzt von den Einwohnerinnen und Einwohnern. Darum habe es bisher noch keine Probleme gegeben. Der Kanton hat die Unklarheit nun aber erkannt und will handeln: «Wir schauen die Frage mit der Datenschützerin an und werden die Gemeinden anschliessend informieren, wie wir dies handhaben.»
Das sagt die Datenschützerin: Die Frage, was mehr gewichtet werden soll, der Datenschutz oder das Gemeindegesetz, sei eine spannende Frage, sagt Gunhilt Kersten, die Beauftragte für Öffentlichkeit und Datenschutz des Kantons Aargau. «Es gibt die Vorschrift, dass man als Gemeinde die Erfolgsrechnung und Bilanz, mit Kontoblättern und Nebenrechnungen, offenlegen muss.» Dies heisse aber noch nicht, dass man auch die Namen der Sozialhilfeempfänger offenlegen muss, so die Datenschützerin. Denn diese seien besonders schützenswerte Personendaten.
Fazit: Die Aargauer Gemeinden haben dies in der Vergangenheit unterschiedlich gehandhabt. Da aber kaum jemand wusste, dass die Jahresrechnung mit den sensiblen Daten öffentlich aufgelegt werden, gab es auch keine Probleme. Der Kanton hat nun aber erkannt, dass es hier Handlungsbedarf gibt und will die Gemeinden informieren.