Der Wahlsonntag brachte dem Kanton Zürich sozusagen einen Klimawandel: Die Zürcherinnen und Zürcher wählten viele Grüne und Grünliberale. Dieser Trend zeichnete sich bereits bei den Gemeindewahlen vor einem Jahr ab – vor allem in den Agglomerationen.
Das Wahlverhalten dort hat sich verändert, denn die Bevölkerung ist durchmischter geworden. Als Folge hat die SVP schon bei den Gemeindewahlen viele Sitze im Parlament und in den Regierungen verloren, beispielsweise in Uster, in Schlieren oder in Dietikon.
Klima-Wahl auch in den Vororten
Jetzt, bei den kantonalen Wahlen, hat sich dieser Trend bestätigt: Wieder verlor die SVP Sitze, und zwar nicht nur in den Städten Winterthur und Zürich, sondern auch in den ländlichen Bezirken und Agglomerationsgebieten, wie Uster, Pfäffikon, Hinwil, Meilen oder Affoltern.
Ganz vergleichbar sind die Gemeindewahlen allerdings nicht mit den Kantonsratswahlen – die SP und die FDP konnten, anders als vor einem Jahr, kaum zulegen. Die grossen Gewinner sind die Grünen und die Grünliberalen, denn auch in den Agglomerationen war es eine Klima-Wahl.
Frauenpower zeigte Wirkung
Ein weiterer Wandel: der höhere Frauenanteil. Im Regierungsrat sitzen neu vier Frauen, im Parlament sind neu 71 von 180 Mitgliedern weiblich. Frauen zu wählen, war ein Bedürfnis – auch bei den Bürgerlichen.
So trat die SVP Kantonsrätin Nina Fehr Düsel neu im Bezirk Meilen an, auf dem fünften Listenplatz. Sie musste mit einer Nichtwahl rechnen. Und holte dann am meisten Stimmen, sogar mehr als der bekannte SVP Kantonsrat Hans-Peter Amrein. Ähnlich in Dübendorf: Raffaela Fehr startete auf dem fünften Listenplatz, aber wurde als zweite neu gewählt.
Ein weiterer Faktor scheint wichtig gewesen zu sein: Beide Siegerparteien haben starke, engagierte Frauen an der Spitze. Bei den Grünen Marionna Schlatter, bei den Grünliberalen Corina Gredig. Beide wurden gewählt, beide setzen sich für Umweltthemen ein, beide politisieren konsequent und glaubwürdig. Diese Frauenpower zeigte Wirkung.
Noch nie gab es so viele Junge im Zürcher Parlament
Verändert hat sich auch der Anteil Junger im Rat. Martin Neukom ist mit seinen 32 Jahren einer der jüngsten Regierungsräte. Und die 19-jährige Leandra Columberg, Jungsozialistin aus Dübendorf, ist die jüngste gewählte Zürcher Kantonsrätin überhaupt.
Die Juso haben neu sechs Mitglieder im Rat, vier davon sind neu, eine davon ist die 25-jährige Sarah Akanji, Schwester von Manuel Akanji, der als Verteidiger in der Schweizer Fussballnationalmannschaft spielt.
Auch von den Jungen Grünen wurden zwei Kandidatinnen gewählt: Nina Wenger (20) aus Winterthur und Meret Schneider (27), Gemeinderätin aus Uster. So viele Junge im Zürcher Parlament: Das gabs noch nie. Die Wahlen 2019 haben einen Generationenwechsel eingeläutet.
Flughafenpolitik könnte sich verändern
Grüner, weiblicher, jünger: Dieser Wandel wird die nächste Legislatur prägen. Umweltthemen haben bessere Chancen: Grüne, Grünliberale, SP, AL und EVP haben zusammen eine Mehrheit.
Auch die Flughafenpolitik könnte sich anders entwickeln: Bald geht es um den Fluglärmindex, den Grenzwert, der zeigt, wie viele Leute von starkem Fluglärm betroffen sind. Die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh will den Grenzwert senken, weil der Grenzwert wegen der gewachsenen Bevölkerung immer wieder überschritten wird. Ob sie das kann, mit diesem neuen Parlament, das ist gar nicht so sicher.
Wie im neuen Rat debattiert und entschieden wird – auf das darf man gespannt sein.