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Das Gebäude der Schweizerischen Nationalbank.
Legende: Peter Schneider/Keystone

Anlagepolitik der Nationalbank Israelisches Rüstungsunternehmen verhilft der SNB zu Gewinn

Die Nationalbank hat wegen des Kriegs in Gaza einen Gewinn erzielt. Sie hat ihre Anteile an ein Unternehmen verkauft, das die israelische Armee ausrüstet. Der Aktienkurs des Unternehmens war nach Ausbruch des Kriegs in die Höhe geschnellt.

Im ersten Quartal 2023 erwarb die Schweizerische Nationalbank (SNB) für über 17,5 Millionen US-Dollar mehr als 104 000 Aktien des Unternehmens Elbit Systems LTD. Es ist an der Technologie-Börse in New York notiert und ist ein wichtiger Lieferant der israelischen Armee. Zum Zeitpunkt des Kaufs durch die SNB wurde die Aktie zu einem Preis zwischen 165 und 175 Dollar pro Stück gehandelt.

Angekurbelt durch die Bestellungen der israelischen Armee für ihre Gaza-Offensive, schoss die Aktie in die Höhe. Mit einem durchschnittlichen Anstieg von 20 Prozent erreichte sie Spitzenwerte von 225 Dollar. Die SNB verkaufte in diesem Zeitraum fast ein Viertel ihrer Anteile an Elbit Systems.

Diese Transaktionen könnte zu einem Gewinn von einer Million Dollar geführt haben. Dies geht aus einer Schätzung des Recherche-Pools des Westschweizer Radios und Fernsehens RTS hervor. Diese Schätzung stützt sich auf Daten aus den vierteljährlichen Investitionsberichten der SNB an die US-Finanzmarktaufsicht.

Für Sergio Rossi, Professor für Makroökonomie an der Universität Freiburg, verfolgten diese Transaktionen zwei Ziele: «Ich denke, es handelt sich um eine strategische Entscheidung, um Verluste bei Aktien zu vermeiden, deren Kurse in nicht allzu ferner Zukunft schnell fallen könnten. Und zum anderen, um einen Portfoliogewinn zu erzielen, da sie die Aktien zu einem Preis gekauft hat, der weit unter dem Wiederverkaufspreis liegt.»

SNB versichert, nicht zu spekulieren

Aus den von RTS eingesehenen Dokumenten geht nicht genau hervor, wann die von der SNB gehaltenen Elbit-Aktien veräussert wurden. Es werden lediglich die pro Quartal verkauften Mengen bekannt gegeben. Auf Anfrage von RTS hiess es von Seiten der SNB, man nehme keine Stellung zu einzelnen Positionen des Portfolios.

In einem E-Mail erklärt die SNB, dass sie ihre Anlagen nach einem Schema tätigt, das Spekulationen ausschliesst. Bei ihren Aktienanlagen folge die SNB diesem Prinzip: «Sie bildet die verschiedenen Aktienmärkte vollständig ab und gewichtet damit die verschiedenen Wirtschaftszweige entsprechend ihrer Börsenkapitalisierung. Auf diese Weise stellt die SNB sicher, dass ihr Aktienportfolio den verschiedenen Risiken in etwa gleicher Weise ausgesetzt ist wie alle börsennotierten Unternehmen weltweit und dass es auch die strukturellen Veränderungen der Weltwirtschaft widerspiegelt.»

Mit «dialog» einen Blick über die Sprachgrenzen werfen

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Dieser Artikel erschien zuerst auf Französisch bei RTS und wurde von der «dialog»-Redaktion übersetzt. Die Originalversion können Sie auf  RTS info  lesen.

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Für Sergio Rossi entbinden diese Grundsätze die SNB nicht von ihrer Verantwortung: «Da sie die Körbe von Vermögenswerten nachbildet, die auf dem globalen Finanzmarkt verkauft werden, glaubt die SNB, dass sie sich nicht schuldig fühlen muss, wenn sie Aktien eines Unternehmens kauft, das Waffen produziert, die Umwelt verschmutzt oder Kinderarbeit ausbeutet.» Für ihn sei das nicht mehr als eine Ausrede.

Auf die damit verbundenen ethischen Probleme angesprochen, antwortet die SNB, dass sie davon absieht, Wertpapiere von Unternehmen zu kaufen, die massiv gegen grundlegende Menschenrechte verstossen. Wurde diese Grenze in Gaza nicht überschritten? Die SNB gibt keine Antwort auf diese Frage.

Im Jahr 2020 lehnte das Schweizer Volk mit 57,5 Prozent Ja-Stimmen eine Initiative ab, die vorschlug, Anlagen im Rüstungssektor zu verhindern.

RTS, 27.6.24, 19:30 Uhr

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