Wie hässlich ist die Schweiz? Das ist eine Frage, die nur in Ausnahmefällen so direkt gestellt wird. Zu einer diesen Ausnahmen gehört ein Wettbewerb um das hässlichste Haus, der 2018 von «20 Minuten» organisiert wurde. «Gewonnen» hat das Triemli-Hochhaus in Zürich. Das erste Gebäude aus der Romandie, ein Wohnblock in Renens VD, lag auf dem achten Platz.
Als das Hochhaus errichtet wurde, wurde es von den Architekten bejubelt. Und von der Bevölkerung des Viertels bekämpft.
Heute ist es zwar mehr oder weniger akzeptiert, dass der graue Beton von Fabriken, Autobahnen und Parkplätzen hässlich ist und dass die gepflasterten Strassen alter Städte schön sind. Aber über den Rest ist sich niemand einig und niemand will die Verantwortung übernehmen, mit dem Finger auf mögliche ästhetische Fehlschläge zu zeigen.
Das war jedoch nicht immer so. Im Jahr 1906 nannte sich der Vorläufer des Schweizer Heimatschutzes in der Westschweiz noch «Liga für Schönheit» und war sich nicht zu schade, auf unästhetische Bauten hinzuweisen.
So wehrte sich die Liga für Schönheit 1931 beispielsweise gegen den Bau des Bel-Air-Turms in Lausanne. Heute lobt ihn der Schweizer Heimatschutz. Andere Gebäude in der Romandie, die für Polemik sorgten – wie die Wohnsiedlungen Les Avanchets und Le Lignon in Genf, das Kongresshaus in Biel oder die Place Chauderon in Lausanne – werden heute als Zeugen ihrer Zeit geschützt.
Kann man ästhetisch verdichten?
Die Schönheit der Städte wird heute zusätzlich durch ein neues Problem bedroht: die Verdichtung. Seit zehn Jahren ist es gesetzlich vorgeschrieben, innerhalb von Städten und Dörfern zu bauen, was den Gemeinden Kopfzerbrechen bereitet. Sie sind gezwungen, neue Gebäude auf immer engerem Raum anzuordnen.
Diese Herausforderungen sind Raumplanungsexperten wohlbekannt, und die Frage stand im Mittelpunkt eines Seminars, das der Verein Espacesuisse im Schloss Monthey VS mit Gemeindevertreterinnen und -vertretern aus der ganzen Westschweiz veranstaltete.
Für Espacesuisse ist Monthey in dieser Hinsicht ein Vorbild. Zu seinen Erfolgen gehört der Parc de la Maison Blanche, wo die Behörden beschlossen haben, eine Grünfläche im Herzen der Stadt zu erhalten. Sie haben sich auch dafür entschieden, Fusswege neu zu gestalten, den Verkehr einzuschränken und einige Strassen zu begrünen.
Die Natur als sicherer Hafen
Cynthia Roulin, Leiterin des Stadtplanungsamtes in Aigle VD, liess sich von diesem Beispiel inspirieren und plante, ihre eigene Stadt verschönern. Im Mittelpunkt stand die Neugestaltung des Marktplatzes, der als Parkplatz genutzt wurde.
Eine erste Version schlug vor, eine Fussgängerzone mit Wasserflächen und über 40 Bäumen zu schaffen. Die Bevölkerung lehnte diesen Vorschlag jedoch ab, da sie die Kosten (10 Millionen Franken) für zu hoch hielt und ihre Ablehnung gegenüber dem Abbau von Parkplätzen zum Ausdruck brachte. Die Stadt muss also ein anderes, billigeres Projekt vorschlagen.
In der Schweiz gibt es viele «hässliche» Gebäude, von heruntergekommenen Häusern bis zu veralteten Wohnblocks aus den 1960er-Jahren. Manchmal stehen sie in Gegenden, in denen es sich trotz allem gut leben lässt.
Aber der Kampf um die Verschönerung geht weiter. Und auch wenn wir uns nie auf eine allgemeingültige Definition von schön oder hässlich einigen werden, gibt es immer noch unsere natürlichen Landschaften, auf deren Schönheit sich alle verständigt haben.