Im August explodierte im Genfer Stadtteil St-Jean eine Paketbombe. Sie war auf der Fussmatte vor dem Eingang einer Wohnung deponiert worden. Ein Familienvater wurde dabei verletzt. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt.
Am Montag kam es zu einer weiteren Explosion. Dieses Mal war der Sprengstoff in einem Milchkarton versteckt. Ein zwölfjähriges Mädchen wurde schwer verletzt. Obwohl die beiden Fälle zunächst getrennt zu sein schienen, gehen die Bundesanwaltschaft und das Bundesamt für Polizei (fedpol) davon aus, dass es einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen geben könnte.
Laut dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) könnte diese Verbindung mit der beruflichen Tätigkeit der beiden ursprünglich ins Visier genommenen Personen zusammenhängen. Sie arbeiten beide bei Patek Philippe, der weltberühmten Uhrenmanufaktur mit Sitz im Genfer Vorort Plan-les-Ouates.
Obwohl beide in der Uhrenherstellung tätig sind, arbeiten sie nicht direkt zusammen, sondern nur in zwei Bereichen, die miteinander in Verbindung stehen. Die Anschläge trafen ihre Wohnsitze und schienen direkt auf sie gerichtet zu sein. Beim Kind, das bei der Explosion am Montag verletzt wurde, handelt es sich um die Tochter von einem der beiden Angestellten.
Unklare Motive
Die Motive für die Taten bleiben vorerst unklar. Die Behörden und das Management von Patek Philippe lehnen jeden Kommentar ab. Mehrere Angestellte des Unternehmens, die RTS befragen konnte, sprechen von unauffälligen Kollegen. «Wir haben weder Staatsgeheimnisse noch sensible Daten, wir stellen nur Uhren her», sagte einer von ihnen und fügte hinzu, dass es in ihrem Bereich keine Konflikte gebe.
Gemäss einem Artikel von «20 Minuten» vom Sommer wurden Patek Philippe und seine Angestellten bedroht. Diese Behauptung wurde bisher weder von den Ermittlern noch von der Uhrenmanufaktur bestätigt.
Angesichts dieser Ereignisse hat Patek Philippe gemäss RTS am Dienstagnachmittag eine interne Mitteilung publiziert, in der die Angestellten aufgefordert werden, sich nicht über ihre Tätigkeit und ihren Arbeitgeber zu äussern. Das Unternehmen beteuert, eng mit den Behörden zusammenzuarbeiten.
Trotz dieser Massnahmen wächst die Besorgnis unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch die Gewerkschaft Unia, die sich für die Beschäftigten in der Branche einsetzt, zeigt sich «sehr besorgt um die Angestellten des Unternehmens». Sie hatte sich bereits nach der ersten Explosion an die Geschäftsleitung von Patek Philippe gewandt, weil sie befürchtete, dass die starken Spannungen, die das Unternehmen 2021 erschüttert hatten, wieder aufflammen könnten, als Mitarbeiter über ein schlechtes Arbeitsklima klagten.