Als am traditionellen Chalandamarz-Umzug dieses Jahr plötzlich auch Mädchen teilnehmen durften, machte das über die Landesgrenzen hinaus Schlagzeilen. Noch mehr zu reden gaben gendergerechte Jasskarten und die Frage, ob dieses Schweizer Kulturgut im Jahr 2023 ein Update brauche. Müssen sich Traditionen also anpassen, um mit der Zeit zu gehen oder geben wir ein Stück weit unsere Identität auf, wenn wir sie zu sehr verändern?
Dazu lohnt ein Blick in eine der grössten Umfragen, die es in der Schweiz je gegeben hat. Das Forschungsinstitut GFS Bern hat dieses Frühjahr im Auftrag der SRG über 57'000 Menschen befragt, unter anderem zur Schweizer Identität. Die Antworten zeigen: Schweizer Identität besteht gemäss einer klaren Mehrheit der Befragten nicht nur aus Dingen, die in der Tradition verwurzelt sind. Sie ist etwas, das mit der Zeit gehen und sich neuen Bedingungen anpassen kann.
Verhalten wichtiger als Herkunft
So findet eine Mehrheit, für die Schweizer Identität sei es nicht entscheidend, ob man hier geboren wurde. 54 Prozent finden, das sei eher bis sehr unwichtig. Viel wichtiger als ihre Herkunft ist, wie sich die Menschen verhalten: Schweizer Institutionen und Gesetze zu respektieren oder eine Landessprache zu sprechen, finden 96 respektive 95 Prozent sehr oder eher wichtig für die Schweizer Identität.
Auch sollte man etwas über Kultur und Geschichte wissen, sagt eine Mehrheit. Ob man einer Landesreligion angehört, ist dagegen für gerade einmal 25 Prozent der Befragten relevant, damit jemand ihrer Meinung nach eine Schweizer Identität hat.
Bei der Frage, wie wichtig der Geburtsort für die Schweizer Identität ist, zeigt sich ein starker Kontrast zwischen der italienisch- und der französischsprachigen Schweiz: Im Tessin halten 34 Prozent den Geburtsort Schweiz für sehr wichtig für die Identität, in der Westschweiz finden das nur neun Prozent. In der Deutschschweiz halten das 21 Prozent für sehr wichtig.
Auch Einwanderer können schweizerisch sein
Eine entscheidende Rolle für die Schweizer Identität spielt in den Augen der Befragten die direkte Demokratie, also eine der grossen politischen Traditionen des Landes. 98 Prozent finden, sie sei für die Schweizer Identität von zentraler Bedeutung. Auf der anderen Seite sind aber auch 64 Prozent mit der Aussage einverstanden, Einwanderer könnten ihre Werte beibehalten und trotzdem schweizerisch sein.
Fragt man die Menschen, wie es um ihre eigene Identität bestellt ist, zeigt sich ein klares Bild: Drei Viertel bezeichnen sich als ziemlich bis völlig schweizerisch. Hingegen sagt kaum jemand von sich, «unschweizerisch» zu sein.
In diesem Zusammenhang mag auch nicht überraschen, dass 76 Prozent der Befragten der Aussage zustimmen: «Die Schweiz ist das beste Land der Welt, in dem man leben kann!»