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Eine der steilsten Pisten Die «Schweizer Mauer» von Chavanette – würden Sie es wagen?

Die legendäre Abfahrt im französisch-schweizerischen Skigebiet Portes du Soleil gehört zu den steilsten Pisten der Welt. Ein Augenschein vor Ort.

Die Mauer von Chavanette. Ein 900 Meter langes Buckelpistenfeld mit einer Neigung von über 40 Grad im oberen Abschnitt. Mit erhöhtem Puls und weichen Knien haben sich Generationen von Skifahrenden an die «Schweizer Mauer» gewagt, wie sie auf der französischen Seite der Grenze genannt wird.

Im Gegensatz zu anderen ebenso steilen, aber abgelegeneren Pisten liegt Chavanette mitten im französisch-schweizerischen Skigebiet Portes du Soleil. Die Abfahrt beginnt an einem Pass, dem Pas de Chavanette, der den Übergang von Frankreich in die Schweiz und das Gebiet von Champéry/Les Crosets (VS) ermöglicht.

Auf diesem Hang gibt es weder eine weniger steile Alternativroute noch einen Serpentinenweg, um die ersten Schwierigkeiten zu umgehen. Die einzige Ausweichmöglichkeit: der Sessellift, der direkt über die Piste führt – nicht nur rauf, sondern auch wieder runter.

Spektakel auf dem Sessellift

Die ständige Nähe dieses Sessellifts ist eine weitere Besonderheit von Chavanette: Die Piste liegt nicht versteckt in einem Kessel, umgeben von Felswänden oder weit entfernt unter einer Gondelbahn, sondern ist eine riesige Bühne. Die Akteure sind sowohl die Profis, die die Buckel scheinbar mühelos meistern, als auch jene, die nach einem missglückten ersten Schwung kopfüber die Piste hinunterstürzen.

Steile Skipiste mit sehr vielen Skifahrenden
Legende: Die Buckel der «Schweizer Mauer» können manchmal fast zwei Meter hoch sein. Keystone / Maxime Schmid

Die Sessellift-Passagiere haben einen Logenplatz für dieses mehr oder weniger harmonische Ballett von Skifahrerinnen und Skifahrern, die sich mit Buckeln herumschlagen, die durch das Gefälle und die hohe Frequentierung der Piste bis zu zwei Meter tief werden können.

Eine sehr reale Gefahr

Wenn der Schnee weich ist und die Buckel nicht allzu tief sind, wirkt die Abfahrt für geübte Ski-Cracks fast wie eine Routine. Doch bei harten oder gar vereisten Bedingungen – in solchen Fällen bleibt die Piste manchmal geschlossen – verzeiht sie keine Fehler. Jedes Jahr verletzen sich rund zwanzig Personen, und es gab bereits mehrere tödliche Unfälle, zuletzt im Februar 2024.

Die Kunst des Buckelpisten-Skifahrens

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Buckel entstehen auf Skipisten ganz natürlich durch die Spuren der Skifahrenden. Beim Drehen schieben sie den Schnee zur Seite, wodurch kleine Hügel entstehen, die andere Skifahrende meist umgehen.

Je weicher der Schnee, je steiler die Piste und je mehr Skifahrende unterwegs sind, desto schneller bilden sich Buckel. In Skigebieten werden diese regelmässig, meist am Abend, von Pistenraupen eingeebnet.

Auf besonders steilen Hängen ist der Einsatz von Pistenraupen nur mit Hilfe einer Seilwinde möglich. Da diese Methode zeit- und energieaufwendig ist, verzichten viele Skigebiete ab einer bestimmten Steilheit darauf, die Pisten zu präparieren.

Paradoxerweise kann dieser Verzicht sogar die Unfallgefahr verringern, da Skifahrende so daran gehindert werden, zu hohe Geschwindigkeiten zu erreichen.

Um in der Buckelpiste nicht zu stürzen, sollte man an seiner Technik arbeiten.

«Auf einer normalen Piste lässt man sich leicht in die Kurven fallen, auf den Buckeln muss man aktiv mitgehen. Man muss dynamisch und reaktionsschnell sein und stets nach vorne fahren», erklärt Valentin Rithner, Direktor der Schweizer Skischule in Champéry. «Und man sollte sich darauf einstellen, ausser Atem zu geraten und brennende Oberschenkel zu haben!»

Mit Vorsicht und Konzentration kann das Fahren auf Buckelpisten jedoch eine grosse Freude bereiten – vorausgesetzt, die Beine sind kräftig genug. «Es ist ein anderes Vergnügen als das Carven auf präparierten Pisten!», bemerkt ein begeisterter Skifahrer.

«Viele Menschen vergessen, dass Skifahren ein Sport ist. Früher, bevor die Pistenpräparierung so gut wurde, verwandelte sich der Schnee schnell in ein einziges, durchgehendes Buckelfeld. Damals waren Skifahrer diese Technik viel mehr gewohnt», erinnert sich Valentin Rithner.

Doch vielleicht erlebt das Buckelpisten-Skifahren eine Renaissance. Um die hohen Kosten für die Pistenpräparierung zu sparen, verwandeln immer mehr Skigebiete bestimmte Abfahrten in sogenannte «Ski-Routen» (gelbe Markierung). Da diese nicht maschinell präpariert werden, entstehen dort rasch natürliche Buckel.

Yoann Perruchoud, Pistenretter im Skigebiet Portes du Soleil, betont, dass nur erfahrene Skifahrende sich an diese Abfahrt wagen sollten. «Wir sehen hier wirklich alle Leistungsstufen. Leider versuchen es manche nur wegen des Prestiges», bedauert er.

Viele Skifahrerinnen und Skifahrer entscheiden sich weise für die Talfahrt mit dem Sessellift, wie ein Team des Westschweizer Fernsehens RTS beobachtete. «Das ist vernünftiger! Wir wollen heute kein unnötiges Risiko eingehen», sagten einige von ihnen.

Denn neben der Steilheit schrecken auch die Buckel ab. Manche lieben sie, andere hassen sie. «Ich fühle mich dabei nicht wohl. Wenn ich das Buckelfeld von oben sehe, bin ich alles andere als entspannt», gesteht ein Skifahrer.

Andere wiederum können es kaum erwarten: «Wir haben keine Angst, wir sind trainiert! Bei uns in Asturien [im Norden Spaniens] gibt es auch gute Berge. Wir sind bereit, was danach passiert, wird sich zeigen!»

RTS Couleurs locales, 14.2.2025, 19 Uhr;lehl ; 

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