«Jedes Jahr wird die Hälfte der Gesamtbevölkerung von Frankreich oder Deutschland zu unserem potenziellen Kundenpool», sagt Fang Fang, General Manager von Sonova in China. Für sein Unternehmen ist China darum ein Markt von zentraler strategischer Bedeutung. Hier wächst die alternde Bevölkerung schneller als in allen anderen aufstrebenden Volkswirtschaften der Welt.
Der Anstieg der Lebenserwartung trägt zu dieser Herausforderung bei. Es ist zwar eine gute Nachricht, dass die Menschen immer länger leben, aber das macht sie auch anfälliger für Krankheiten. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass etwa 75 Prozent der über 60-Jährigen in China an chronischen Krankheiten wie Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden.
Grösster Diabetesmarkt
Eines der Unternehmen, das vom demografischen Wandel profitiert, ist Ypsomed, ein Diabetes-Spezialist und weltweit führender Anbieter von Injektions- und Infusionssystemen für die Selbstmedikation. «Das Potenzial ist enorm, und China ist definitiv eine der am schnellsten wachsenden Möglichkeiten für unser Geschäft», sagt CEO Simon Michel. «Wir sind der einzige westliche Hersteller von Insulinpens und medizinischen Geräten für die Anwendung von flüssigen Medikamenten in China.»
China ist der grösste Diabetesmarkt der Welt. Nach Angaben der International Diabetes Foundation leiden 13 Prozent der Erwachsenen im Alter von 20 bis 79 Jahren an der Krankheit, was mehr als 140 Millionen Fällen entspricht, verglichen mit nur 6 Prozent in der Schweiz.
Ypsomed erzielt mit seinen chinesischen Pharmakunden einen Umsatz von 45.7 Millionen Franken, was 9 Prozent des Gesamtumsatzes der Gruppe entspricht. Das Unternehmen arbeitet daran, von der wachsenden Nachfrage in China zu profitieren, und eröffnete im April 2023 eine neue Produktionsstätte in Changzhou, einer Stadt rund 190 Kilometer nordwestlich von Schanghai.
Ein weiteres Unternehmen, das sich den demografischen Wandel in China zunutze machen will, ist Sonova, der weltweit grösste Anbieter von Hörsystemen mit Marken wie Phonak und Sennheiser. «Wir haben über 280 Millionen Menschen über 60, und diese Zahl wird mit der nächsten Welle von Babyboomern noch steigen», sagt Fang, der Leiter des China-Geschäfts von Sonova. «Ein weiterer Faktor, der unseren Vorstoss vorantreibt, ist, dass die Haushaltseinkommen in den letzten zehn Jahren erheblich gestiegen sind.»
Sonova erkannte das Potenzial des chinesischen Marktes bereits 2003, als das Unternehmen erstmals eine Produktionsstätte in Suzhou, etwa 110 Kilometer westlich von Schanghai, errichtete. 2022 übernahm es die Hysound-Gruppe. Dadurch erhielt es eine landesweite Kette von rund 200 audiologischen Kliniken in 70 Städten in China.
Fang räumt ein, dass es Zeit brauchen wird, um das Geschäft in China auszubauen. Das Unternehmen schätzt, dass weniger als 3 Prozent der Menschen mit Hörverlust in China ein programmierbares Hörgerät haben. Die Akzeptanz von Hörgeräten sei noch sehr gering, unter anderem weil die Betroffenen nicht bereit seien zu akzeptieren, dass sie wegen ihres Hörverlusts ein Gerät benötigen.