Im Januar 2017 veröffentlichte der puertoricanische Sänger Luis Fonsi den Song «Despacito». Bis heute ist er auf Youtube mehr als acht Milliarden Mal abgerufen worden. Gemäss Schätzungen verbrauchte das Streaming von Despacito mehr Strom, als 10'000 Haushalte in der Schweiz in einem Jahr verbrauchen.
Den meisten Strom frassen die Rechenzentren. Das sind jene Gebäude, in denen die Server und die physische Infrastruktur untergebracht sind, um den E-Mail-Verkehr zu verwalten, Fotos in der Cloud zu speichern oder – wie in diesem Fall – Plattformen wie Youtube zu betreiben.
«Rechenzentren sind zu den Säulen der digitalen Wirtschaft geworden. Wir wissen jedoch nicht, wie nachhaltig ihr Energieverbrauch ist», sagt Babak Falsafi, Professor für Informatik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) und Präsident der Swiss Datacenter Efficiency Association (SDEA), einem Zusammenschluss von Unternehmen und akademischen Einrichtungen.
Gemäss der Internationalen Energieagentur verbrauchen Tausende Rechenzentren und Übertragungsnetzen weltweit etwa zwei Prozent des globalen Stroms. Rechenzentren benötigen auch viel Wasser zur Kühlung der Server. Mit dem rasanten Wachstum der künstlichen Intelligenz nimmt die Zahl und die Grösse der Rechenzentren zu – und damit auch ihr Energieverbrauch und ihr CO₂-Fussabdruck.
Label soll mehr Energieeffizienz bringen
Nach Ansicht von Falsafi könnten jedoch höhere Anforderungen für die Energieeffizienz die Auswirkungen von Rechenzentren auf die Umwelt und das Klima verringern. Die SDEA hat dafür ein Effizienzlabel entwickelt. Es wird vom Bundesamt für Energie (BFE) unterstützt. Anhand des Bewertungsberichts und der festgelegten Kriterien vergibt es ein Bronze-, Silber- oder Goldlabel.
Die Zertifizierung ist drei Jahre lang gültig. Das SDEA geht aufgrund der Ergebnisse der Pilotphase des Projekts davon aus, dass die Umsetzung der Anforderungen für die Erlangung des Labels bis zu 70 Prozent des bisherigen Energieverbrauchs eines Rechenzentrums einsparen würde.
Bisher hat die SDEA das Label an drei Rechenzentren vergeben: an jenes von Hewlett Packard Enterprise (dem Technologieunternehmen, das das Konsortium initiiert hat), jenes der Finanzgruppe SIX und an jenes des Telekom-Unternehmens Swisscom. Weitere acht Rechenzentren befinden sich im Zertifizierungsprozess, sagt Falsafi, ohne die Namen der beteiligten Unternehmen zu nennen. Auch mit Betreibern von Rechenzentren in Österreich, Deutschland und Skandinavien würden derzeit Gespräche geführt.
Das SDEA-Label sei ein Schritt in die richtige Richtung, sagt Marco Bettiol, Professor an der Universität Padua in Italien und Autor einer Studie über die ökologische Nachhaltigkeit von Rechenzentren. Es ermögliche den Rechenzentren, ihre Emissionen genau zu messen. Dieser Ansatz habe jedoch seine Grenzen, da er nur die direkten Emissionen berücksichtige.
«Wir dürfen die indirekten Emissionen im Zusammenhang mit der Herstellung von Chips und allen digitalen Geräten, die in Rechenzentren verwendet werden, nicht unterschätzen», betont Bettiol. Aus Sicherheitsgründen würden die digitalen Geräte in einem Rechenzentrum im Durchschnitt alle fünf Jahre ausgetauscht.