Gewisse Aussagen sprechen Bände. Wenn man die Menschen in den fusionierten Gemeinden fragt, ob sie sich als Scuoler oder Scuolerin fühlen, ist die Antwort ausserhalb von Scuol oft ein Nein: «Ich bin aus Guarda und werde es immer sein!» oder «Scuol ist eine politische Gemeinde. Aber nicht die Heimat.» Dieses Identitätsgefühl sei auch gut so, findet Gemeindepräsidentin Aita Zanetti: «Jeder hat seine Wurzeln in seiner Fraktion. Das ist wunderschön!»
Im Januar 2015 fusionierten Guarda, Ardez, Sent, Ftan, Tarasp und Scuol zur politischen Gemeinde Scuol. 4600 Menschen wohnen dort. Mit 439 Quadratkilometern ist es zudem die flächengrösste Gemeinde der Schweiz.
Zufrieden ja, aber kleine Dinge sind ärgerlich
Radiotelevisiun Svizra Rumantscha RTR hat bei den Menschen in den sechs Fraktionen den Puls gefühlt. Während sie sich zwar noch zu ihrer ehemaligen Gemeinde zugehörig fühlen, sind die Meisten aber mit der Fusion an sich zufrieden. Alles in allem hat die Zusammenlegung der Gemeinden für sie mehr positive als negative Veränderungen gebracht. Nur wenige Dinge stören: Beispielsweise, dass man in gewissen Fraktionen das Gefühl hat, nicht mehr so viel Mitspracherecht zu haben und dass der persönliche Kontakt zu den Gemeindeangestellten fehlt.
Die RTR-Umfrage hat aber auch gezeigt, dass sich die Einwohnerinnen und Einwohner wünschen würden, gewisse Bereiche noch mehr zu vereinheitlichen. Die Verwaltung der Waldwege beispielsweise oder die verschiedenen Baugesetze, die in jeder Fraktion unterschiedlich sind.
Bei der Frage, ob auch eine Grossfusion mit Zernez und Valsot denkbar wäre, werden die kritischen Voten wieder lauter: «Das wäre zu gross. Schon jetzt muss man sagen, seit der Fusion funktioniert nicht mehr alles so gut» oder «Es wäre besser, wieder einen Schritt zurück zu machen». Aber wer weiss, wie es in Zukunft aussieht? Denn auch solche Stimmen hört man «Nach einiger Zeit, wenn man die Fusion unter Kontrolle hat, könnte man über grössere Fusionen nachdenken», heisst es aus der seit 2015 grössten Schweizer Gemeinde Scuol.