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Ultrakonservatives Phänomen Häusliche Unterwerfung: Was ist die «Tradwives»-Bewegung?

Sogenannte «Tradwives» erobern das Netz. Diese erzählen von ihrem Lebensstil, bei dem die Frau in der Küche bleibt und der Mann arbeitet.

Sie nennen sich «Tradwives», tragen Kleidung aus den 50er-Jahren und leben auch nach den damals vorherrschenden Regeln: Die Frau unterwirft sich dem arbeitenden Ehemann und kümmert sich um den Haushalt.

Diese Bewegung ist dank Influencerinnen wie der 26-jährigen Amerikanerin Estee Williams, die Hunderttausende von Followerinnen und Followern in sozialen Netzwerken hat, auf dem Vormarsch. Williams’ Credo ist, in ihren Videos Tipps für eine erfolgreiche Ehe und ein erfülltes Hausfrauendasein zu geben.

«Erstens muss mein Mann zu Hause keinen Finger rühren, denn er ist die Stütze der Familie. Seine Arbeit, die viele Stunden und eine erhebliche körperliche Anstrengung erfordert, ermöglicht es ihm, diese Rolle auszufüllen», erklärt Estee Williams auf Tiktok.

Häufig mit Ideologie weisser Vorherrschaft verbunden

«Tradwives»-Influencerinnen wie Estee Williams sind oft jung, weiss und christlich, wenn auch nicht alle. «Sie verbinden eine ultrakonservative Ideologie aus dem 19. Jahrhundert mit einer Ästhetik der 1950er-Jahre», erklärt Claire Sorin, Expertin für antifeministische Strömungen und Dozentin für amerikanische Geschichte und Zivilisation an der Universität Aix-Marseille.

Sie setzen sich in Kleidern im Stil der 50er-Jahre beim Bügeln oder Kochen in Szene.
Autor: Claire Sorin Dozentin an der Universität Aix-Marseille

Einige vertreten sogar eine Ideologie, die die weisse Vorherrschaft unterstützt. «Ein Beispiel hierfür ist Ayla Stewart, die mormonische Influencerin, die auf ihrem Youtube-Konto eine ‹White Baby Challenge› gestartet hat», sagt Claire Sorin. Die Challenge ist, dass weisse Frauen möglichst viele Kinder zeugen.

Unklare Ursprünge

Der genaue Ursprung dieser Ideologie ist unklar. Einige verweisen auf das Jahr 2013 und das amerikanische Forum «Red Pill Women», in dem Frauen die Sache der Maskulinisten unterstützten. Andere heben den Einfluss von Alena Kate Pettitt hervor, einer Engländerin, die seit 2016 einen Blog namens «The Darling Academy» betreibt.

«Auf jeden Fall ist es eine Bewegung, die in den 2010er-Jahren als eine Art Gegensteuer zu dem, was manche als vierte Welle des Feminismus bezeichnen, auftaucht», sagt Sorin.

Übernahme dieser Ideologie durch Afroamerikanerinnen

Diese Ideologie ist jedoch nicht unbedingt mit der extremen Rechten verbunden und findet auch bei einigen schwarzen Influencerinnen Anklang. Nara Smith, die südafrikanische und deutsche Wurzeln hat und dem Mormonentum angehört, symbolisiert zum Beispiel das Aufkommen der schwarzen Tradwives – obwohl schwarze Frauen historisch gesehen vom Ehemodell ausgeschlossen wurden.

Wenn der Traum zum Albtraum wird

Einige beginnen jedoch, ihr Leben als Tradwife zu bereuen. Enitza Templeton, eine 41-jährige Amerikanerin und Mutter von vier Kindern, hat diese Werte zehn Jahre lang gefördert. Heute ist sie geschieden und gesteht, wie unfähig sie sich gefühlt hat, selbstständig zu denken.

Lauren Southern, eine Symbolfigur der kanadischen extremen Rechten, ist ein weiteres prominentes Beispiel. Sie ist für ihre maskulinistischen, antifeministischen und nationalistischen Positionen bekannt und fand sich allein und mittellos wieder, nachdem ihr Mann sie verlassen hatte. Schliesslich beschrieb sie sich selbst als «moderne Sklavin». Auch Claire Sorin erhält immer mehr Berichte von Frauen, die ihr Tradwife-Leben wieder aufgeben.

Mit «dialog» einen Blick über die Sprachgrenzen werfen

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Dieser Artikel erschien zuerst auf Französisch bei RTS und wurde von der «dialog»-Redaktion übersetzt. Die Originalversion können Sie auf RTS lesen.

«dialog» ist das Angebot der SRG, das mit Debatten und dem Austausch von Inhalten Brücken baut zwischen den Sprachregionen in der Schweiz und den Schweizerinnen und Schweizern im Ausland.

Forum, 15.07.2024, 18 Uhr;kobt

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