Das Schweizer Radio und Fernsehen sendet und streamt nicht nur, es sammelt auch: 200'000 Stunden Video- und eine Million Stunden Audiomaterial liegen im digitalen Archiv.
Das alles findet Platz auf der Fläche eines Lieferwagens: Zwei Reihen Gestelle, je etwa sechs Meter lang und knapp zwei Meter hoch, gefüllt mit Bändern. Dazwischen rasen zwei Roboter herum, die die Kasetten vom Gestell in ein Laufwerk transportieren.
Obwohl jedes Jahr zehn bis fünfzehntausend Stunden Videomaterial in höchster Qualität und bis zu 90'000 Stunden Audiomaterial dazu kommen, nimmt das digitale Archiv im Keller immer gleich viel Platz ein.
Sieben Millionen Bücher passen in eine Hand
Möglich ist das, weil alle zwei Jahre eine neue Tape-Generation mit der doppelten Kapazität auf den Markt kommt. Die Technologie aus den 1950er-Jahren erlebt bei den Betreibern grosser Archive gerade einen zweiten Frühling.
Die Bänder in den Kassetten erinnern an die alten Videokassetten: Ein dünnes Kunststoffband, 12.7 Millimeter breit, ein Kilometer lang, aufgerollt etwa so gross wie eine Handfläche. Die zweite Rolle befindet sich im Lesegerät. So eine «Cartridge» ist deshalb nur etwa halb so gross wie eine VHS-Kassette. So spart man Platz im Archiv.
Ein Tape der neuesten Generation kostet rund 100 Franken und bietet 18 Terabyte. Das entspricht in etwa dem Text von 7.5 Millionen elektronischen Büchern. Schon bald werden es 15 Millionen sein oder 36 Terabyte.
Kleiner als ein Virus
Ein Ende dieser Steigerung ist nicht in Sicht. Expertinnen und Experten am IBM Labor in Rüschlikon haben ein Gerät entwickelt, mit dem sie 500 Terabyte auf ein Band speichern können. Möglich sei das, weil Bänder viel weniger dicht beschrieben werden als Festplatten, erklärt Simeon Furrer, der für IBM an neuer Tape-Technologien forscht.
Ein Bit auf einem Band der neuesten Generation ist 50 Nanometer lang – kürzer als ein HI-Virus, aber immer noch ziemlich lang: «Bei den Festplatten beträgt die Länge noch ein Viertel», so Simeon Furrer.
Noch mehr Potenzial zur Verdichtung gibt es in der Breite. Aktuell findet man auf einem Band 10'000 Spuren nebeneinander. In Zukunft wird ein Tape auf mehreren zehntausend Spuren beschrieben werden können.
Bandmaschinen: sicher, aber teuer
Möglich machen das Laufwerke, die auf 32 Spuren gleichzeitig schreiben können. Sind die ersten 32 Spuren nach einem Kilometer voll, legt das Gerät den Rückwärtsgang ein, verschiebt die Schreib- und Leseköpfe seitlich und beginnt erneut zu schreiben.
In den letzten 15 Jahren war von 1000 Bändern im Archiv, die täglich im Einsatz sind, bloss ein Tape nicht mehr lesbar.
Während des Schreibprozesses werden die Daten fortlaufend wieder eingelesen und überprüft. Tritt ein Fehler auf, wird er korrigiert. Das macht Tapes zu einem äusserst sicheren Speichermedium. Martin Blumenstein, der das technische Team des SRF Archivs leitet, bestätigt: «In den letzten 15 Jahren war trotz intensiver Nutzung bloss ein Tape nicht mehr lesbar.»
Die ausgeklügelte Fehlerkorrektur und die hochpräzise Mechanik in den Geräten haben ihren Preis: Mehrere tausend Franken kostet ein Laufwerk. Für Konsumentinnen und Konsumenten lohnt sich ein Archiv auf Bändern deshalb nicht, auch wenn eine einzelne Cartridge günstig ist.
Trotzdem profitieren alle von der rasanten Entwicklung: Es ist gut möglich, dass Fotos und Videos aus Smartphones in Zukunft in einem Tape-Archiv landen werden – etwa bei Youtube, Instagram oder Tiktok.