Fuad Hussein Ali macht zurzeit eine Vorlehre. Der 22-jährige Eritreer hat danach, ab Sommer 2020, eine Ausbildungsstelle zum Pflegefachmann. Doch sein Asylgesuch wurde abgewiesen, er hat Rekurs eingelegt. Wird er erneut abgewiesen, wird der Vertrag nichtig. Er würde seine Vorlehre und seine Lehre verlieren, auch wenn er nicht sofort in sein Heimatland Eritrea zurückgeschickt werden könnte.
Das gleiche Schicksal droht der 20-jährigen Fiori Birhane. Auch sie macht eine Vorlehre, auch sie stammt aus Eritrea, auch sie hat ein abgelehntes Asylgesuch, auch sie müsste zurück, sobald der Entscheid definitiv ist. Auch sie würde ihre Vorlehre verlieren. Das soll sich ändern im Kanton Bern.
Dort, wo die beiden jungen Erwachsenen ihre Ausbildung machen, an der Berufsfachschule Gibb in Bern, sind sie keine Einzelfälle. Insgesamt zehn Asylsuchende machen dort eine Vorlehre – alle warten auf den Asylentscheid.
«Das bringt Unruhe. Es ist ein Klima der Angst», sagt Esther Gygax von der Berufsfachschule Gibb in Bern. Viele der Jungen seien geflüchtet und traumatisiert. Die Schule gebe ihnen die Struktur, die sie so dringend benötigten. «Es ist ein Damoklesschwert, das ständig über den Köpfen der jungen Menschen hängt.»
Es sei Knochenarbeit, sich mit wenig Sprachkompetenz durch eine Vorlehre zu kämpfen. Das müsse belohnt werden, findet Esther Gygax. Wenn das abrupt ein Ende nehme, würden sich die Asylsuchenden beim nächsten Mal wohl besser überlegen, wie viel sie wirklich bereit sind zu investieren.
Schlagartig fehlt eine Arbeitskraft
Nicht nur für die Jungen ist die heutige Praxis schwierig, sondern auch für die Betriebe, die ihnen Lehrstellen anbieten. So auch für Malermeister Jürg Lüthi. Sein Lehrling bekam einen negativen Asylentscheid. Im Betrieb hätte man ihn gut brauchen können. Der abgewiesene Asylsuchende ist noch in der Schweiz, weil die Schweiz mit Eritrea kein Rückübernahmeabkommen hat. Doch arbeiten darf er nicht mehr.
Plötzlich fehlt Lüthi eine Arbeitskraft, in deren Ausbildung er investiert hat. «Wenn die Lehrstelle offiziell bewilligt ist und sich die Person im Betrieb bewährt, soll sie das auch bis zum Schluss durchziehen können», sagt Jürg Lüthi. In der jetzigen Situation gäbe es nur Verlierer: Seinem Lehrling verbaue man die Zukunft und ihm selbst fehle die Planungssicherheit.