Das Aarauer Fussballstadion Brügglifeld am letzten Samstag: Rund 700 Mütter, Väter und Kinder strömen auf den Rasen. Am Spielfeldrand steht Remo Murer, quasi als Dirigent. «Kommt Kinder und Mamis, nicht schlafen!», ruft er ihnen zu. Die gut 700 Menschen sind Teil der Schlussfeier am Eidgenössischen Turnfest in Aarau, sie proben ihren grossen Auftritt.
Kommt Kinder, nicht schlafen!
Die Choreografie für diese Schlussfeier mit ihren mehreren hundert Teilnehmenden stammt von Remo Murer. Von ihm stammt auch die Choreografie der Eröffnungsfeier in Aarau. Auch in Biel, am letzten Eidgenössischen Turnfest, hatte Murer bereits Choreografie geführt. Und beim Kantonalen Turnfest in Muri natürlich auch.
Murer näht auch hunderte von Kleidern
Murer ist quasi der «Hof-Choreograf» an grossen Turnfesten. Der 40-jährige ehemalige Krankenpfleger aus Muhen im Suhrental arbeitet hauptberuflich an einer Hochschule für Wirtschaft und Informatik. Aber in seiner Freizeit dreht sich alles nur um den Turnsport.
Murer plant nicht nur seit drei Jahren die Choreografien für das Eidgenössische in seiner Heimat, er hat auch um die Tausend Kostüme für die beiden grossen Feiern in Aarau selber genäht. «Es gibt einfach Kleider, die ich exakt so will, wie ich sie gezeichnet habe. Dann muss ich sie selber machen. Ich habe daheim eine Industrieausrüstung, wir haben bis zu achtstündige Schichten geleistet.»
Als Mann im Damenturnverein
Murer ist bekannt in Turnerkreisen, und gilt doch als Exot. Schon als Kind gefiel es ihm im Damenturnsport besser. Die feinen Bewegungen der Frauen mit Bällen, Bändern oder Reifen sagten ihm mehr zu als die kraftvollen Übungen an Barren oder Reck.
So wurde Murer als einziger Mann Mitglied im Damenturnverein Muhen. Heute ist er Vizepräsident und technischer Leiter des Vereins. Dazu gewann er verschiedene Schweizermeister-Titel in der Gymnastik und war in diesem Frauensport landesweit eine Ausnahme.
Der Exot erntet inzwischen wohl vor allem Bewunderung für seine Erfolge und sein Engagement. Denn er war und ist stets ambitioniert. Das gelte aber nicht nur für ihn, sagt Remo Murer mit Blick auf die hunderten von Teilnehmenden an der Schlussfeier.
Das ist purer Idealismus.
«Die üben drei Jahre lang für einen Auftritt von vier Minuten», sagt Murer. «Sie bezahlen sogar Geld dafür, dass sie hier auftreten können. Das ist purer Idealismus, das darf man nicht vergessen.» Murer spricht über die Turnerinnen und Turner. Aber eigentlich müsste er sich selbst meinen. Sein Einsatz – seit Jahren – ist ebenfalls Idealismus pur. Und Leidenschaft.