Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung: Kaum hat Justizministerin Karin Keller-Sutter mitgeholfen, die Konzernverantwortungs-Initiative zu bodigen, muss sie sich bereits in den nächsten Abstimmungskampf stürzen.
Es geht um die «Burka-Initiative» und das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID).
Aussergewöhnliche Konstellation
Wenn immer möglich versucht der Bundesrat zu vermeiden, dass eines seiner Mitglieder einen doppelten Abstimmungskampf führen muss. Entsprechend kommt das äusserst selten vor. Nun trifft es aber Justizministerin Karin Keller-Sutter, die am 7. März gleich zwei Vorlagen vertritt.
Das sei tatsächlich aussergewöhnlich, sagt die Bundesrätin. Denn in der Regel habe ein Departement für den Bundesrat nur eine Vorlage zu vertreten.
«Aber nachdem wegen Corona eine Abstimmung ausgefallen ist und wir bei Volksinitiativen auch Fristen haben, ist jetzt diese Konstellation eingetreten», erklärt sie.
Auf eine Vorlage konzentrieren
Mit der Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» – der Bundesrat empfiehlt hier eine Ablehnung – und dem Bundesgesetz über die sogenannte E-ID, mit der man sich in der digitalen Welt identifizieren kann, warten auf Keller-Sutter zwei heftig umstrittene Vorlagen.
Zu beiden werde sie zwar Anfang Jahr eine Medienkonferenz durchführen, kündigt die Justizministerin an, betont aber auch: «Ich werde sicherlich nicht bei beiden Vorlagen gleich viel machen können.»
Das heisst, die FDP-Bundesrätin will sich danach auf eine Vorlage konzentrieren. Ihre Priorität liegt dabei bei der E-ID. Denn die Digitalisierung sei für den Standort Schweiz sehr wichtig. «Das hat sich auch jetzt in der Coronakrise gezeigt. Von daher ist wahrscheinlich die elektronische Identität schon etwas im Vordergrund», so Keller-Suter.
Kompetenz bei Kantonen belassen
Vielleicht aber kommt es ihr sogar ganz gelegen, sich nicht so engagiert gegen das Verhüllungsverbot einsetzen zu müssen. Immerhin führte sie als Regierungsrätin im Kanton St. Gallen selbst eines ein. «Das war auch vor dem Hintergrund der Hooligan-Gewalt rund um Sportstadien», verteidigt sich Keller-Suter heute.
Ausserdem betont sie: «Der Bundesrat lehnt dieses Verhüllungsverbot ja ab.» Das Gremium vertritt die Meinung, dass ein solches Verbot keine Frage ist, die in der Bundesverfassung geklärt werden muss. «Das ist eine klare kantonale Kompetenz, die der Bundesrat nicht beschneiden will», sagt Keller-Suter.
Klar ist aber auch: Karin Keller-Sutter will ihr Herzblut bei der E-ID vergiessen und nicht beim Nein zur «Burka-Initiative».