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Schweizerinnen und Schweizer auf der Suche nach Arbeit melden sich bei den Bauern
Aus Regionaljournal Basel Baselland vom 01.04.2020. Bild: Keystone
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Erntehelferinnen und -helfer Statt Osteuropäer kommen jetzt Schweizer zum Spargelstechen

Wegen der Corona-Krise kommen keine Erntehelfer mehr aus dem Ausland. Dafür melden sich Dutzende von Einheimischen.

Bis zu fünfzehn Erntehelferinnen und Erntehelfer braucht der Bottminger Spargel- und Beerenbauer Thomas Wiesner beim Spargelstechen. Für die Ernte, die noch im April beginnen sollte, hatte er dafür schon professionelle Helfer aus Osteuropa gebucht. Doch jetzt kommt keiner mehr. Entweder können sie die Grenzen nicht mehr passieren oder sie wollen aus Angst vor dem Coronavirus nicht in die Schweiz kommen, sagt Wiesner.

Es haben sich Schauspieler, Musiker, Köche, Kleinkindererzieherinnen gemeldet zum Spargelstechen.
Autor: Thomas Wiesner Spargelbauer

Inzwischen hätten sich bei ihm aber Einheimische gemeldet, die Arbeit suchten und zwar aus allen Branchen. «Es haben sich Schauspieler, Musiker, Köche, Kleinkindererzieherinnen gemeldet zum Spargelstechen», sagt er. Insgesamt schon über sechzig Personen. Dabei sei Spargelstechen eine Knochenarbeit. Er plane deshalb zwar diese Neulinge bei der Ernte einzusetzen, aber wahrscheinlich nur jeweils für einen halben Tag, damit sie sich erholen könnten und eine Ruhepause hätten von einem halben Tag.

Viele haben nach zwei, drei Tagen die Nase voll.
Autor: Ernst Lüthi Obstbauer

Auch Bauer Ernst Lüthi in Ramlinsburg ist auf Erntehelfer angewiesen, damit er seine Beeren ernten kann. Allerdings werden diese erst später reif. Auch er hat Dutzende von blinden Bewerbungen erhalten, sogar eine Zahnärztin habe sich beworben. Als Gründe würden die Bewerberinnen und Bewerber von «mir fällt das Dach auf den Kopf» bis zu «ich brauche Geld, weil ich meine Stelle verloren habe» alles aufführen. Lüthi, der auch Präsident der Baselbieter Obstbauern ist, hat in der Vergangenheit schon mehrfach mit Ortsansässigen gearbeitet, etwa mit Langzeitarbeitslosen. Er ist allerdings skeptisch: Viele unterschätzten, wie körperlich anstrengend die Arbeit sei. «Es braucht einen Willen und Ausdauer. Es gibt sehr viele, die kommen zwei, drei Tage und dann haben sie die Nase voll.»

Verrückt, dass es eine Krise braucht, damit die Leute realisieren, was wichtig ist
Autor: Andreas Itin Bauer

Ob sich die Neulinge bewähren oder nicht, wird sich mit der ersten Ernte, der Spargelernte zeigen. Bereits jetzt spüren die Bauernfamilien die Folgen der Krise in ihren Hofläden. Unisono sagen sie, es kauften jetzt viel mehr Leute ein. Zum Beispiel bei der Bauernfamilie Itin in Ormalingen. «Es ist eigentlich verrückt, dass es eine Krise braucht, damit die Leute wirklich realisieren, was wichtig ist», sagt Bauer Andreas Itin.

Wir mussten ein paar Nacht-und-Nebel-Aktionen einlegen.
Autor: Nadia Graber Gemüsebäuerin

Viele Bauern versuchen jetzt auch aus der Not eine Tugend zu machen wie Dieter Weber und Nadia Graber vom Hof Obere Wanne in Liestal. Ihr Setzlingsmarkt mit seltenen Tomaten-, Auberginen oder Peperoni-Sorten fällt ins Wasser. Sie werden deshalb ihr gesamtes Sortiment online aufschalten. Viel Zusatzarbeit in einer sowieso schon sehr anstrengenden Jahreszeit. Aufstehen um vier Uhr früh und arbeiten bis 20 Uhr ist deshalb an der Tagesordnung. «Wir mussten ein paar Nacht-und-Nebel-Aktionen einlegen», sagt Bäuerin Nadia Graber.

Die angefragten Bauernfamilien sagten übereinstimmend, dass sie ein Umdenken in der Bevölkerung spüren würden. Ihre Arbeit vor Ort werde wieder mehr geschätzt von den Leuten. Stellvertretend Spargelbauer Thomas Wiesner: «Es findet ein Umdenken statt und die Solidarität und Hilfsbereitschaft der Menschen ist wahnsinnig gross. Ich bin sehr überrascht.»

Regionaljournal Basel, 17:30 Uhr

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