Er war 20, sie war 19. Über die Dating-App Tinder hatten sich die beiden Studierenden kennengelernt, nach der ersten Verabredung landeten die beiden in der Wohnung der jungen Frau, wo es zu einvernehmlichem Sex kam.
Sie habe ausdrücklich darauf bestanden, dass er ein Kondom benütze, sagte die Frau im letzten Februar vor dem Bezirksgericht Bülach. Irgendwann aber habe sie gemerkt, dass sich der Mann nicht daran gehalten habe. Der Mann dagegen behauptete, die Frau selbst habe ihm im Verlauf des Akts das Kondom ausgezogen.
Das Gericht glaubte zwar der Frau, dennoch sprach es den Angeklagten frei. Der Mann habe sich zwar nicht an die ausgemachten Regeln zum Sex gehalten, in der Schweiz stehe so etwas aber nicht unter Strafe, so das Gericht. Eine Verurteilung wegen Schändung – wie die Staatsanwaltschaft gefordert hatte – sei nicht möglich, da der eigentliche Sex einvernehmlich gewesen sei. Heute Donnerstag wird er Fall auf Wunsch der Frau vor dem Zürcher Obergericht neu aufgerollt.
Nicht der erste Fall in der Schweiz
Vor zwei Jahren musste sich bereits das Waadtländer Kantonsgericht mit einem Fall von «Stealthing» befassen – dem ersten bekannten Fall dieser Art in der Schweiz. Wie im Zürcher Fall ging es auch damals um einvernehmlichen Sex nach einem Tinder-Date. Allerdings kamen die Waadtländer Richter zu einem anderen Schluss als die erste Instanz in Zürich; sie verurteilten den Angeklagten wegen Schändung.
Das zeigt: Die Rechtsprechung ist sich noch nicht einig, wie sie mit dem heimlichen Entfernen des Kondoms umgehen soll.