Schnitzelbank-Abend in Chur. Ein beliebtes Thema: Die Debatte um kulturelle Aneignung. «Ar Fasnacht darfsch in Zuekunft du dich nid als Winnetou verkleide. Die Woke-Bewegig, die tuet Geister scheide.» Weiter: «Direkt betroffe sind mir zwei. Uns hauts bi Goscht grad ab em Sockel. Mir siged kulturell und kulinarisch gseh jo kei Pizokel.»
Was im Publikum für Lacher sorgt, bereitet der «Pizokel Kligga» abseits der Bühne Kopfzerbrechen. Die Schnitzelbänkler sind verunsichert darüber, was man noch sagen beziehungsweise nicht sagen darf. «Wenn man gar nichts mehr sagen darf, wird es irgendwann schwierig, eine Schnitzelbank zu machen», sagt Hubi Pazeller von der «Pizokel Kligga» gegenüber der «Rundschau».
Wenn man gar nichts mehr sagen darf, wird es irgendwann schwierig, eine Schnitzelbank zu machen.
Nichtsdestotrotz gesteht das Duo ein, früher Texte geschrieben zu haben, die sie heute nicht mehr bringen würden. So diesen hier: «Makumbo ist jetzt Schweizer. Er kam als Asylant. Heute ist er bei der Polizei als Dealer gut bekannt.» Dieser problematische Text war bis vor Kurzem auf der Website der Veranstaltung zu finden.
Nun haben die Organisatoren reagiert und diesen von der Webseite entfernt. Sie wollen nun alle weiteren Verse überprüfen – unter anderem auf Rassismus.
Ein schmaler Grat
Basler Fasnachtshalle. Es wird gemalt, gebastelt und gebaut für den Cortège – den bevorstehenden Umzug. Die Basler Fasnacht: bekannt für ihre politischen Sujets ist Weltkulturerbe. Diesen Status erhalte man nicht, wenn man sich nicht ausschliesslich politisch korrekt verhalte, so Peter Gerspacher, Spezi-Clique. Dennoch: «Unsere Aufgabe an der Fasnacht ist es auch, kritisch zu sein und gewissen Leuten einen Spiegel vorzuhalten mit unseren Sujets», sagt Gerspacher.
Unsere Aufgabe an der Fasnacht ist es auch, kritisch zu sein und gewissen Leuten einen Spiegel vorzuhalten mit unseren Sujets.
Wie kritisch, da ist man sich in der Wagenbauhalle uneins. «Ich glaube, man kann weit gehen, aber der Grat, auf dem man wandert, ist schmal», so Tobias Fasel, Fasnachtsgesellschaft Olympia. «Ich glaube, wenn man eine gewisse Gruppe oder eine Minderheit angreift, ist das prinzipiell schlecht.»
«Keine bösen Absichten»
Bunte Kostüme und dichtgedrängte Menschenmassen in der barocken Altstadt: Fasnächtlicher Ausnahmezustand in Solothurn. Bei Gewalt und Respektlosigkeit ist für die meisten aber Schluss. Winnetou- oder Inuit-Kostüme seien hingegen meist unproblematisch. «Du beleidigst diese Leute nicht, wenn du dich als Indianer verkleidest», so ein Mann mit Vokuhila.
Du beleidigst diese Leute nicht, wenn du dich als Indianer verkleidest.
«Es geht nicht um Diskriminierung oder kulturelle Aneignung», sagt eine Hexe. Bei der Fasnacht gehe es um Spass, sich verkleiden und eine gute Zeit haben. «Wenn man nicht mit böser Absicht unterwegs ist, sehe ich kein Problem», so auch ein federschmucktragender Fasnächtler.
«Tolle Kostüme sollten Platz haben an der Fasnacht»
Die Vereinigte Fasnachtsgesellschaft Solothurn (UNO) überprüft jeweils die Sujet-Eingaben für den Umzug. Dass dieses Jahr eine Gruppe als Inuit verkleidet an diesem teilnimmt, stört den Ober Ober Patrick Zimmermann, Chef der UNO wenig. «Das sind tolle Kostüme. Das sollte Platz haben an der Fasnacht.»
Die Oberin der betroffenen Gruppe selbst ist inzwischen skeptisch: «Ich habe mich als Oberin ein wenig schwergetan, das jetzt durchzuziehen», sagt Barbara Räz. Das Thema sei vor Corona entstanden, ein Rückzieher sei aus finanziellen Gründen kaum machbar gewesen.
Vorerst wolle die UNO die Themenwahl nicht einschränken, erklärt Zimmermann. «Die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen», sagt der Ober Ober. Kommt es zu weiteren Entwicklungen in der Debatte sei man offen, Massnahmen zu ergreifen.