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Fehlender Nachwuchs «Die Musik verliert oft im Vergleich mit dem Sport»

Neben Hobbys wie Fussballtraining und Pfadi sowie anderen Beschäftigungen und Verpflichtungen haben Musikvereine bei jungen Leuten einen schweren Stand. Der Aargauische Musikverband sorgt sich daher um die Zukunft seiner heute noch rund 170 Vereinen mit 4500 Mitgliedern. An einem Podium diskutieren Exponenten aus der Musikszene über mögliche Lösungsansätze. André Keller vom Aargauischen Musikverband zu den Problemen und Herausforderungen.

SRF News: Der Nachwuchs in den Musikvereinen wird kleiner, das Interesse an der Blasmusik geht anscheinend zurück. Was ist die Tendenz der letzten Jahre?

André Keller: Die Tendenz ist rückläufig – nicht gerade, dass wir einen Abbruch haben. In den letzten Jahren ist das Nachwuchsproblem bei mehreren Vereinen aber grösser geworden und damit die Zukunft der jeweiligen Vereine ungewisser.

Es fehlt der Nachwuchs und damit sind zu wenig Mitglieder da, um alle Instrumente in einem Verein zu besetzen?

Die Besetzung der Register ist zum Teil schwierig. Dazu kommen die Funktionen in den einzelnen Vereinen. Das ist nicht in jedem Verein so. Wir hören aber vermehrt, dass Schwierigkeiten bestehen.

Was ist das Problem? Gibt es einen Stadt-Land-Graben? Die Stadtvereine funktionieren gut und die Vereine auf dem Land nicht? Oder umgekehrt?

Es ist spannend: es ist nicht überall gleich. Es gibt Städte oder kleinere Städte auch im Aargau, die Schwierigkeiten haben, ihre Vereine gross werden zu lassen. Wenn aber ein Verein auch auf dem Land bereits eine gewisse Grösse hat, kann er davon profitieren und weiter machen. Es ist also nicht so, dass es nur in der Stadt oder auf dem Land nur gut oder schlecht ist.

Liegt es an der Innovation, dass es einem Verein gut geht? Dass Neues ausprobiert wird und moderne Stücke gespielt werden?

Ich glaube, das ist in der Blasmusikszene sowieso wichtig, dass wir unser Image pflegen. Wer nicht blasmusikaffin ist, hat vielleicht das Gefühl, dass nur Märsche oder Polkas gespielt werden.

Es werden nicht nur Märsche und Polkas gespielt.

Das ist aber seit Jahrzehnten nicht mehr so. Wir haben ein breites Spektrum, unterhaltende Musik bis hin zur Klassik. Das müssen wir einfach besser vermitteln.

Was ist denn das Problem, dass die Jungen nicht kommen? Ist die Konkurrenz wirklich so gross durch Sportvereine und andere Hobbys?

Das ist so. Sport ist wichtig, keine Frage. Die Musik «verliert» aber oft, wenn man Musik und Sport betrachtet. Das Angebot ist gross. Junge machen Sport und gleichzeitig Musik. Irgendwann müssen sie sich entscheiden. Dreimal Sport und einmal Musik in der Woche gehen dann nicht mehr.

Deshalb soll der Einstieg ins Musikmachen gestärkt werden: Der Weg über die Musikschulen.

Früher, ohne Musikschulen, bildeten viele Vereine ihren eigenen Nachwuchs aus. Mit dem Aufkommen der Musikschulen wurde dies an vielen Orten abgegeben. Das ist auch gut so. Es hat sich dann allerdings so entwickelt, dass der Abstand von Musikschulen und Vereinen an einigen Orten sehr gross wurde.

Der Abstand von Musikschulen und Vereinen wurde an einigen Orten sehr gross.

Wenn eine Musikschule einen blasmusikaffinen Leiter hat, dann kann dies sehr positive Auswirkungen haben. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, dass Vereine zum Verband kommen und sagen, die Zusammenarbeit mit der Musikschule funktioniere nicht. Das ist wohl ein persönliches Problem. Wir vom Verband versuchen dann, zu fördern, zu verbessern. Beim Podium heute ist daher auch der Leiter der Aargauer Musikschulen dabei. Die Vereine sollen erkennen, wie sie mit den Musikschulen umgehen können – und umgekehrt.

Das Gespräch führte Bruno von Däniken.

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