Der Berner Reiseschriftsteller René Gardi reiste während Jahrzehnten nach Afrika und schwärmte in Büchern und Filmen über die Einfachheit und Ursprünglichkeit der dortigen Bevölkerung. Sein Bild der «schönen nackten Wilden» in der angeblich heilen Welt habe uns ein problematisches Afrikabild vermittelt, sagt der Regisseur Mischa Hedinger.
In seinem Film «African Mirror», das sich ausschliesslich auf Archivmaterial von René Gardi stützt, demontiert Hedinger dieses Afrikabild.
Gardis bevorzugte Reiseorte waren die Sahara und der Norden von Kamerun. Dieses Gebiet habe er als romantisch beschrieben, in dem «freiheitsliebende Bergler» leben, die fernab von allen Zwängen der modernen Schweiz ein «sinnvolles Leben» führen würden.
Szenen, die nicht echt sind
Gardi habe mit der Zeit immer mehr inszenieren müssen, sagt Hedinger. «Auch in seinem Paradies haben sich die Dinge verändert.» Da habe er den Leuten auch gesagt, sie sollten doch die Kleider ausziehen und die Turnschuhe aus dem Bild nehmen, er würde das Bild des «edlen Wilden» brauchen.
Gardi war nicht an der afrikanischen Realität interessiert. Er wollte ein Traumland schaffen.
Gardi sei nicht konkret an der afrikanischen Realität interessiert gewesen, so der Filmemacher. Er habe ein Traumland kreieren wollen. «Dieses Bild konnte er in der Schweiz verkaufen, weil die Schweizerinnen und Schweizer auch träumen wollten.» Damals, in den 50er Jahren, sei man noch nicht so weit gereist.
Gardi ist für mich ein Werkzeug, um den europäischen Blick nach Afrika zu analysieren.
Für Regisseur Mischa Hedinger ist Gardi in erster Linie ein Werkzeug, um den weissen europäischen Blick nach Afrika zu analysieren. Auch Hedinger selbst war auf dem afrikanischen Kontinent als Filmemacher unterwegs und fühlte sich zum Teil unwohl. «Ich spürte, dass ich als weisser Filmemacher in Afrika in einer gewissen Tradition stehe.» Dieser Tradition, dem Blick von Europa aus nach Afrika, wollte er mit dem Film nachgehen.
Das sei denn auch das Ziel seines Films mit Archivmaterial von und über René Gardi: «Wir sollen uns fragen: Wie fest hat Gardi unser Bild von Afrika beeinflusst – und was davon ist tatsächlich Realität?»