«Nur für Besucher» besagt eine Tafel bei einem Parkplatz in Pfäffikon ZH. Ein Mann besuchte vor einiger Zeit Bekannte in dieser Liegenschaft und parkierte dort. Trotzdem klemmte bei seiner Rückkehr zum Auto ein Einzahlungsschein unter dem Scheibenwischer. Die Winterthurer Firma Parkon verlangte von ihm eine Umtriebsentschädigung von gut 50 Franken wegen unberechtigtem Parkieren.
Der Autofahrer beschwerte sich bei Parkon. Dort wurde ihm gesagt, dass ihn sein Gastgeber in der Parkon-App hätte als Besucher registrieren müssen. Das sei nicht passiert, deshalb müsse er bezahlen. Dass er sich nicht selber hätte registrieren können, spiele keine Rolle. Das müsse er mit dem Gastgeber klären. «Espresso» liegen mehrere identische Fälle vor.
Es gilt nur, was auf dem richterlichen Verbot steht
Parkon finanziert sich über solche Umtriebsentschädigungen. Von den Verwaltungen und Hausbesitzern, welche sie mit der Parkplatzkontrolle beauftragen, erhält die Firma kein Geld. Wenn Betroffene bezahlen, ist die Sache erledigt. Wenn nicht, verzeigt sie Parkon gemäss dem richterlichen Parkverbot. Falschparkierer riskieren dabei eine deutlich höhere richterliche Busse. Dieses Vorgehen mit einer Entschädigung von gut 50 Franken für private Parkplatzkontrollen ist erlaubt und vom Bundesgericht abgesegnet.
Massgeblich für eine Strafbarkeit ist der Text des richterlichen Verbotes. Dort findet sich aber keine Bestimmung, dass Parkieren nur gegen Gebühr erlaubt wäre.
Anders sieht es mit den Zusatzbedingungen aus, wie der Registrierung in einer App, dem Hinterlegen einer Parkkarte oder dem Füttern einer Parkuhr. In Affoltern am Albis beispielsweise hat der Statthalter das Verfahren gegen einen Mann eingestellt. Dieser war von Parkon verzeigt worden, weil er eine Parkuhr bei einem Kundenparkplatz nicht bedient hatte. Der Statthalter befand jedoch: «Massgeblich für eine Strafbarkeit ist der Text des richterlichen Verbotes. Dort findet sich aber keine Bestimmung, dass Parkieren nur gegen Gebühr erlaubt wäre.»
Das Zürcher Obergericht hat in einem vergleichbaren Fall mit einem anderen Parkkontroll-Unternehmen ebenso entschieden. Auch zwei Verkehrsrechts-Experten teilen gegenüber «Espresso» diese Einschätzung.
Parkon: «Rechtslage ist nicht eindeutig»
Geschäftsführer Marc Marthaler sagt in einer Stellungnahme, dass Parkon sich bei den Kontrollen an den Entscheiden der Behörden orientiere. Nicht alle Gerichte würden aber gleich urteilen: «Viele Behörden handeln nicht gemäss den Einschätzungen dieser Rechtsexperten. Das liegt vermutlich daran, dass die Rechtslage doch nicht so eindeutig ist.» Oftmals lasse auch die Formulierung der richterlichen Verbote einen gewissen Spielraum offen.
Wenn solche Beschriftungen unklar seien, würde Parkon von den Auftraggebern Änderungen verlangen, sagt Marthaler: «Bei Kunden, die diese Anpassungen nicht vornehmen, stellen wir unsere Dienstleistungen ein.»
Wir haben so viele Liegenschaften mit akuten Problemen, dass wir nicht noch bewusst Umtriebsentschädigungen bei korrekt Parkierenden suchen müssen.
Weil sich Parkon über die Entschädigungen finanziert, liegt die Vermutung nahe, dass die Kontrolleure so viele Einzahlungsscheine wie möglich verteilen sollen. Und Parkon lässt es dann darauf ankommen, ob es eine Einsprache gibt. Diesen Vorwurf weist Marc Marthaler zurück. Zwar würden sie möglichst zu denjenigen Zeiten kontrollieren, wenn das Falschparker-Problem am grössten sei: «Aber wir haben so viele Liegenschaften mit akuten Problemen, dass wir nicht noch bewusst Umtriebsentschädigungen bei korrekt Parkierenden suchen müssen.» Seine Mitarbeitenden würden auch keine Provisionen erhalten, wenn sie besonders viele Einzahlungsscheine verteilen.