Was für Spuren haben Frauen in der Stadt hinterlassen? Dem gehen zwei Frauenstadtrundgänge in Biel nach. Während der Coronakrise haben sich die Organisatorinnen dazu neue Gedanken gemacht: Was für Auswirkungen hatten Krisen – persönliche und gesellschaftliche – auf die Stellung der Frauen in der Gesellschaft?
Risiko: Mehrfachbelastung
Zum Beispiel die Bieler Uhrenindustrie: «Wenn die Männer nicht da waren, mussten Frauen die Arbeit übernehmen, oft in Heimarbeit», sagt Historikerin Katharina Stöckli. Dabei hätten die Frauen nicht viel verdient und sie hatten eine Mehrfachbelastung: «Die familiären Aufgaben erledigten sie wie selbstverständlich nebenbei.»
Chance: Einspringen und Aufsteigen
Wenn die Männer weg waren – sei es wegen Kriegen oder Krankheiten – gab es neue Gelegenheiten für Frauen. Marie Louise Blösch (1782 – 1863) zum Beispiel konnte in Biel die Leitung eines Pensionats für Gymnasiasten übernehmen, nachdem ihr Mann bei einer Typhus-Epidemie ums Leben gekommen war. Eine Aufgabe, die sie als Frau sonst nicht bekommen hätte. «Sie fühlte sich sehr wohl in dieser Rolle», erzählt Ina Murbach, Archäologin und Stadtrundgangs-Leiterin. «Und sie war erfolgreich, geachtet von der Stadt und all ihren Schülern.»
Und heute?
In der Coronakrise hätten wieder Frauen viel Arbeit übernommen, sagt Katharina Stöckli. «Sie hatten wieder diese Mehrbelastung, waren plötzlich auch Lehrerinnen ihrer Kinder.» Sicher hätten auch sehr viele Männer viel Arbeit übernommen, sagt Stöckli. «Aber im gesellschaftlichen Diskurs sind es immer noch die Frauen, die vorab die Betreuung von Kindern oder Angehörigen übernehmen sollen.»
Und Frauen seien immer noch schlecht bezahlt in den Betreuungsberufen. «Klatschen für die Pflegenden genügt nicht. Jetzt müssen konkrete Taten folgen.»