Er hat geschafft, wovon wohl viele Spielentwicklerinnen und Spielentwickler träumen: Der Bieler Jonathan Erhardt hat ein Ballergame erfunden, das von einem grossen Investor finanziert wurde und nun auf einer grossen Spielplattform läuft.
Das erwirtschaftete Geld investiert Erhardt aber nicht in persönlichen Luxus. Mindestens zehn Prozent seines Jahresumsatzes spendet der Bieler via die Stiftung für Effektiven Altruismus an Hilfsprojekte im Ausland. Denn er ist überzeugt, dass Gutes tun eine moralische Pflicht ist.
SRF: Sie sind ein leidenschaftlicher Gamer. Jetzt sind Sie Inhaber eines Start-Ups, Philosophie-Lehrer und dreifacher Familienvater. Wie viel Zeit nehmen Sie sich noch zum Gamen?
Jonathan Erhardt: Das ist wirklich Zeit, die ich mir herausnehmen muss. Ich habe mir vorgenommen, jede Woche mindestens zwei Stunden zu spielen. Das ist eine Art Recherche, aber auch ein Hobby. Und ich probiere jetzt auch mit meinem fünfjährigen Sohn Spiele aus. Aber es ist nicht ansatzweise so viel Zeit, wie ich früher mit Gamen verbracht habe.
Sie haben mit ihrer Firma Cosmoscope das Spiel «Morphies Law» erfunden. Es geht darum, auf andere Figuren zu zielen, aber es ist kein klassisches Ballergame. Weshalb haben Sie dieses Spiel erfunden?
Ich wusste, dass ich keine Chance habe, ein normales Spiel zu entwickeln. Denn die Konkurrenz in der Spielbranche ist enorm gross.
Ich hatte die Motivation, möglichst viel Geld zu machen.
Und ich hatte auch die Motivation, möglichst viel Geld zu machen. Deshalb wusste ich, ich brauche eine neue Idee.
Sie hatten Erfolg. Ein grosser Player hat das Spiel finanziert. Sie sagen, Geld war eine wichtige Motivation. Dabei spielt Ihre Mitgliedschaft bei den «Effektiven Altruisten» eine wichtige Rolle. Wieso?
Ich habe diese Bewegung bei meinem Philosophie-Studium in Oxford kennengelernt. Die Idee der Bewegung ist es, Herz und Kopf zu kombinieren. Das Herz will anderen Menschen helfen. Der Kopf will die Mittel so einsetzen, dass dieses Ziel möglichst gut erreicht wird.
Möglichst effektiv spenden heisst, vor allem dort zu spenden, wo es am meisten bewirkt. Heisst das, dass Ihnen die Unterstützung von armutsbetroffenen Menschen in der Schweiz nicht so wichtig ist?
Es ist mir wichtig. Aber es gibt ganz viele wichtige Probleme und wir haben nur beschränkte Ressourcen. Deshalb muss man aus meiner Sicht Prioritäten setzen.
Es gibt viele wichtige Probleme, aber wir haben nur beschränkte Ressourcen.
Wenn man vor diese eigentlich schreckliche Entscheidung gestellt wird, welches Elend schlimmer ist – und das werden wir – würde ich sagen, die Armut in der Schweiz ist schlimm, aber weniger schlimm als in Ländern, wo Armut bedeutet, dass Menschen nicht genügend Kalorien aufnehmen können.
Sie zahlen sich einen bescheidenen Lohn aus und versuchen, auf Luxus zu verzichten. Gibt es etwas, worauf Sie nur ungern verzichten?
Ja, die finanzielle Sicherheit. Meine Frau und ich haben zwar seit diesem Jahr eine dritte Säule, aber insgesamt haben wir keine grossen Ersparnisse. Mit der Entscheidung, dass ich mir von der Firma nur einen kleinen Lohn auszahle und wir einen grossen Teil des Geldes spenden, haben wir auch dafür gesorgt, dass wir nicht viel Geld auf unserem Konto haben.
Sie haben ein Ballergame entwickelt und wollen Gutes tun. Wie passt das zusammen?
Für mich ist das kein Widerspruch. Ich habe das Gefühl, Computerspiele sind eine fantastische technologische Erneuerung, die dafür sorgen, dass möglichst viele Menschen gute Erlebnisse zu einem tiefen Preis machen können. Sicher gibt es Grenzfälle, gerade bei Spielen, die extreme Gewalt zelebrieren. Bei unserem Spiel, das sehr farbig ist und sich eher an ein jüngeres Publikum richtet, habe ich jedoch keine Bedenken.
Das Gespräch führte Leonie Marti.