Jean-Jacques Sempé, der Zeichner der berühmten Kindergeschichten um den «kleinen Nick», ist tot. Er verstarb im Alter von 89 Jahren, eine Woche vor seinem 90. Geburtstag.
Er sei friedlich eingeschlafen, umgeben von seiner Frau und seinen Freunden, sagte Sempés Biograf und Freund Marc Lecarpentier der Nachrichtenagentur AFP.
Für viele Menschen in Frankreich war Sempé so etwas wie eine nationale Institution. Er zeichnete über 40 Bildbände und eine Geschichte, die fast jeder kennt: «Der kleine Nick».
Die Serie entstand vor über 50 Jahren aus einer Zusammenarbeit von Sempé und René Goscinny, dem 1977 gestorbenen Autor der Asterix-Hefte.
Gefühlvolle Karikaturen
«Sempé ist jemand, der Gefühle sehr schön in reduzierten Karikaturen umsetzen konnte», erklärt der Comic-Experte Cuno Affolter. Affolter ist der ehemalige Konservator des Centre BD, einem auf Comics spezialisierten wissenschaftlichen Archiv in Lausanne.
Die verrückten Einfälle des Dreikäsehochs haben sich millionenfach verkauft und sind in mehr als 30 Sprachen übersetzt worden. Sempé zählte zu den bedeutendsten Zeichnern und Karikaturisten Frankreichs. Und nicht nur das: «Er gehört zu den Illustratoren, die am meisten Cover der Zeitschrift ‹The New Yorker› gestaltet haben. Das ist der Olymp für jeden Illustrator», sagt Affolter.
Eine Karriere, die anderen womöglich zu Kopf gestiegen wäre. Aber nicht so Sempé, der als schüchtern und bescheiden galt.
Letzter Bildband 2020
Seit 60 Jahren versuche er humorvolle Zeichnungen zu entwerfen. Leider habe er das Ziel noch nicht erreicht, sagte der Künstler, der am 17. August 90 Jahre alt geworden wäre, kürzlich in einem Interview mit der französischen Regionalzeitung «L'Alsace». Deshalb erzählte und illustrierte der Franzose, mit dessen Werken mehrere Generationen gross geworden sind, unermüdlich weiter.
Erst Ende 2020 brachte Sempé mit «Garder le cap» (deutsch: «Kurs halten») einen neuen Bildband heraus. Darin zeigte er sich wieder als unvergleichlicher Beobachter unserer Zeit. Den Titel habe er deshalb gewählt, weil jeder ein Ziel haben sollte – gleich ob Bäcker oder Forscher, erzählte er in dem Gespräch mit «L‘Alsace» weiter.
In seinem vielfältigen Werk blickt Sempé einmal aus unbefangen-kindlicher Perspektive auf die Absurditäten der Welt. Oder er versucht mit liebevoll-ironischem Strich dem kauzigen Charme der Bourgeoisie auf die Spur zu kommen. «Wenn man seine Bilder mehrmals anschaut, entdeckt man immer wieder neue Geschichten, die man vorher noch nicht entdeckt hat», so Comic-Experte Affolter.
Sempés Ziel war klar: Er wollte seit 60 Jahren die Menschen mit Geschichten über unsere grossen und kleinen Fehler zum Lachen und Schmunzeln bringen. Dabei machte er universell Menschliches sichtbar.